Ausflüge mit Kita-Kindern: So gestalten Sie Naturtage rechtssicher
Christine Hagemann
Die Sonne lacht, das warme Wetter lockt nach draußen. Wer hätte da nicht Lust auf einen Ausflug? Damit der gemeinsame Waldtag rechtssicher gelingt, kommt es auf die richtige Planung an.
Im Sommer geht es raus in den Sandkasten. Und wenn es heiß wird, gerne auch ins Planschbecken. Oder lieber auf den schattigen Spielplatz im Wald? Für die Kinder ist so ein Ausflug eine herrliche Abwechslung. Doch in der Kita können Sie mit Ihren Schützlingen nicht einfach loslaufen. Denn Sie müssen dafür sorgen, dass die Unternehmung sicher durchgeführt wird.
© ADOBE Stock
Ob Sie mit Ihren Kindern einen Spaziergang ins Grüne oder einen ganzen Waldtag planen: Ausflüge zählen zu den Highlights im Kindergarten. Für Sie als pädagogische Fachkraft gibt es allerdings einiges zu bedenken, bevor die Gruppe sich auf den Weg macht. Lesen Sie im Folgenden, wie Sie den Ausflug rechtssicher gestalten, damit er für alle ein tolles Erlebnis wird.
Inhalt
1. Welche pädagogischen Ziele haben Ausflüge in der Kita?
1.1. Kita-Ausflüge stellen besondere Anforderungen an die Aufsichtspflicht
1.2. Was heißt Organisationsverantwortung?
2. Darauf sollten Sie bei der Planung eines Kita-Ausflugs achten
2.1. Weg & Ziel des Ausflugs prüfen
2.2. Begleitpersonen engagieren
2.3. Fähigkeiten der Kinder einschätzen
2.4. Ausrüstung organisieren
2.5. Eltern beteiligen
3. Was tun, wenn ein Unfall passiert?
3.1. Wer haftet im Schadensfall?
3.2. Welche Versicherung ist sinnvoll?
3.3. Was regelt die gesetzliche Unfallversicherung?
Darauf sollten Sie bei der Planung eines Kita-Ausflugs achten
Nehmen Sie sich Zeit, den anstehenden Tag sorgfältig vorzubereiten. Dazu gehört auch, dass Sie im Team mögliche Problemfelder offen ansprechen. So lässt sich vieles schon im Vorfeld klären. An diesem Vorgespräch sollten alle Mitarbeiter teilnehmen, die den Ausflug begleiten. Damit Sie nichts übersehen, notieren Sie Ihre Fragen zu den wichtigsten Punkten.
5 Punkte, die Sie bei der Planung des Ausflugs unbedingt berücksichtigen sollten:
1. Weg & Ziel des Ausflugs prüfen
Wie weit liegt das Ausflugsziel entfernt? Ist es gut zu Fuß zu erreichen? Bedenken Sie, dass schon der Weg schwierig werden kann, gerade bei einer großen Altersspanne innerhalb der Kindergruppe. Außerdem sind viele Kinder nicht gewohnt, längere Strecken zu Fuß zu gehen. Die Länge einer Wanderung sollte sich immer nach den Fähigkeiten aller Kinder richten.
Tipp: Kurz vor dem Ausflug sollten Sie das Ausflugsziel und den geplanten Weg noch einmal persönlich besichtigen. So vermeiden Sie frustrierenden Überraschungen, zum Beispiel weil ein Wanderweg wegen Windbruchs gesperrt oder der Spielplatz geschlossen ist.
- Begleitpersonen engagieren
In der Kita regelt ein bestimmter Betreuungsschlüssel die Anzahl an Fachkräften pro Kindergruppe. Dieser Personalschlüssel besagt, wie viele Kinder Sie als Erzieherin betreuen. Hierbei gilt jedoch zu bedenken, dass der statistische Wert sich auf den geschützten Raum der Kita bezieht. Sobald Sie das Kita-Gelände verlassen, müssen Sie neu überlegen: Wie viel Personal ist erforderlich, um die Kinder zu beaufsichtigen und ihre Sicherheit zu gewährleisten?
Bei der Ermittlung des Personals sollten Sie folgende Aspekte beachten:
- Anzahl der Kinder
- Alter der Kinder sowie Altersspanne innerhalb der Gruppe
- Kinder mit speziellen Bedürfnissen oder Auffälligkeiten
- mögliche Gefahren auf der Wegstrecke
- Aktivitäten unterwegs und am Ausflugziel
Tipp: Klären Sie im Team, welche Aktivitäten während des Ausflugs verboten sind, damit die Begleitpersonen den Kindern gegebenenfalls klare Grenzen vermitteln können. Beispielsweise ist das Klettern auf gestapelten Holzstämmen ebenso verboten wie das Essen von Beeren am Wegrand, um die Sicherheit und Gesundheit der Kinder nicht zu gefährden.
3. Fähigkeiten der Kinder einschätzen
Auch wenn die Begeisterung der Kinder anfangs riesig ist: Der Erfolg eines Ausflugs hängt auch davon ab, dass Sie die Belastungsfähigkeit und Ausdauer Ihrer Kleinen nicht überschätzen. Jedes teilnehmende Kind muss den körperlichen Anforderungen gewachsen sein. Dabei sollte es aber durchaus neue Herausforderungen geben, damit niemand sich langweilt.
Tipp: Entscheiden Sie im Team, ob es vielleicht sinnvoller wäre, dass U3-Kinder oder Windelträger in der Kita bleiben. Besprechen Sie auch Einzelfälle im Team. Zum Beispiel kann ein Kind mit Verhaltensauffälligkeiten von seinen Eltern oder einer Aufsichtsperson begleitet werden.
4. Ausrüstung organisieren
Überlegen Sie, was Sie alles für den Ausflug benötigen, und stellen Sie eine Liste der Gegenstände zusammen. Die Zusammensetzung der Ausrüstung ist variabel und orientiert sich in erster Linie an den teilnehmenden Kindern. Auf jeden Fall unerlässlich bei jeder Tour ist ein Erste-Hilfe-Set.
Tipp: Vergessen Sie vor dem Ausflug nicht, Ihr Handy aufzuladen. Ein schnelles Telefonat kann im Notfall entscheidend sein. Deshalb sollten Sie schon vorher prüfen, ob Sie unterwegs und am Zielort ein gutes Mobilfunknetz haben.
5. Eltern beteiligen
Informieren Sie die Eltern rechtzeitig über den Ausflug. Dazu gehört auch eine Liste von Dingen, die jedes Kind an diesem Tag mitbringen sollte. Wichtig sind Hinweise zur Kleidung, wie etwa festes und bequemes Schuhwerk, regentaugliche Jacken oder Gummistiefel. Bei besonders betreuungsintensiven Ausflügen sollten Sie die Eltern um aktive Mithilfe bitten.
Manche Kitas veranstalten einmal im Jahr einen großen Ausflug, zum Beispiel einen gemeinsamen Besuch im Tierpark, wobei sie die Eltern von vornherein einplanen. Dies lässt sich aber nicht immer problemlos organisieren. Gerade berufstätige Eltern können ihre Kinder in der Regel nicht so einfach begleiten. Meist müssen einzelne Kinder dann stattdessen in eine andere Gruppe gehen.
Tipp: In Absprache mit den Eltern finden sich Lösungen, damit einzelne Kinder auch ohne Elternbegleitung mitmachen können. Häufig sind andere Mütter oder Väter gerne bereit, die Aufsicht für mehrere Kinder zu übernehmen. Diese Regelung sollten Sie vorher schriftlich festhalten.
Was tun, wenn beim Kita-Ausflug ein Unfall passiert
Aufsichtspflicht heißt nicht, dass ein Kind pausenlos bewacht werden muss. Kinder brauchen Freiräume für ihre persönliche Entwicklung, um sich selbsttätig zu erleben und Selbstbewusstsein zu erfahren. Das bedeutet für eine angemessene Aufsichtsführung, dass Sie neben der konkreten Situation auch die Fähigkeiten des Kindes und sein Verständnis für mögliche Gefahrenlagen berücksichtigen müssen.
Für das richtige Maß der Aufsicht sind folgende Faktoren relevant:
- Alter und Entwicklungsstand des Kindes
- Gesundheitszustand des Kindes
- tatsächliche Gefahrensituation
- Zumutbarkeit für die Aufsichtsperson
- Vorhersehbarkeit des Schadensfalls
- Hinweise und Warnungen im Vorfeld
Die Gesundheitsfürsorge für das Kind gehört grundsätzlich zum Sorgerechtsbereich der Eltern. Solange das Kind in der Obhut der Kita ist, sind die dortigen Fachkräfte verpflichtet, diese Aufgabe zu übernehmen. Im Einzelfall müssen sie sich auch hier an den Vorgaben der Eltern orientieren.
Bei einem Unfall können Erzieherinnen und Erzieher nur Erste Hilfe leisten, sie sind nicht für eine medizinische Behandlung zuständig. Ein Verbandskasten gehört selbstverständlich zur Ausstattung. Doch manche Kinder reagieren schon auf normale Pflaster allergisch. Dann sind Mulltücher zur Wundversorgung besser geeignet. Besprechen Sie auch dieses Thema im Vorfeld mit den Eltern.
Wer haftet im Schadensfall?
Wenn die Erziehungsperson ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt, haftet sie für Schäden, die möglicherweise daraus entstehen. Diese Schadenersatzpflicht ist eine zivilrechtliche Angelegenheit nach § 832 BGB. Hierbei geht es um Geldzahlungen als Ersatz für beschädigte Gegenstände, um Arztkosten und Schmerzensgeld. Auch für immateriellen Schäden kann finanzieller Ausgleich gefordert werden.
Wichtig: Eine Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn die Aufsichtsplicht erfüllt wurde, wenn der Schaden sowieso entstanden wäre oder nicht zu verhindern war. In der Regel liegt die Beweispflicht bei den Aufsichtspflichtigen.
Bei größeren Kita-Ausflügen sind meist Hilfspersonen beteiligt, seien es Eltern oder Praktikantinnen. Als pädagogische Fachkraft sollten Sie bei der Auswahl der Begleitpersonen sehr sorgfältig vorgehen, denn im Wesentlichen haften Sie auch für deren Tun. Niemand sollte mit den übertragenen Aufgaben überfordert sein.
Welche Versicherung ist sinnvoll?
Um das Haftungsrisiko abzudecken, haben die Kita-Träger üblicherweise eine betriebliche Haftpflichtversicherung. Pädagogische Fachkräfte können eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen oder ihre vorhandene Privathaftpflichtversicherung entsprechend ausweiten. Diese wird jedoch nur für Sach- und Personenschäden Dritter benötigt. Für Unfallschäden bei den betreuten Kindern wirkt die gesetzliche Unfallversicherung wie eine Haftpflichtversicherung.
Kita-Kinder sind während der Betreuungszeit gesetzlich unfallversichert. Der Versicherungsschutz bezieht sich auf alle Einrichtungen, die eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII haben, dafür ist keine besondere Anmeldung erforderlich. Alle Kita-Beschäftigten sind mitversichert, ebenfalls bei Ausflügen, egal ob Fachkräfte oder andere Begleitpersonen.
Was regelt die gesetzliche Unfallversicherung?
Auch bei optimaler Vorbereitung lassen sich Unfälle nie völlig ausschließen. Kinder können sich beim Spielen selbst verletzen, ein anderes Kind oder eine Begleitperson kann ebenfalls verletzt werden. In diesen Fällen tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Aufgrund ihrer Geltung ist eine persönliche Haftung der Person, die den Unfall versursacht hat, ausgeschlossen. Auch eine zusätzliche Klage auf Schmerzensgeld ist unzulässig.
Wenn es trotz sorgfältiger Aufsicht zu einem Unfall kommt, führt dies in der Regel nicht zu strafrechtlichen Konsequenzen. Auch aus rechtlicher Sicht ist eine lückenlose Überwachung nicht gefordert. Mit Ausnahme davon, dass die Kinder sich in außergewöhnlich gefährlichen Situationen bewegen, wie zum Beispiel im Straßenverkehr oder im Schwimmbad.
Dürfen wir beim Kita-Ausflug Fotos machen?
Alle Beteiligten, Erzieherinnen, Eltern und natürlich auch die Kinder selbst dürfen fotografieren. Viel entscheidender ist die Frage, wer diese Fotos sehen darf. Denn Bilder, auf denen die Person zu erkennen ist, unterliegen den rechtlichen Bestimmungen des Datenschutzes. Nicht nur die Weitergabe, sondern schon die Speicherung der Fotos auf dem Computer ist rechtlich problematisch.
Grundsätzlich dürfen Fotos, Videos oder Audiodateien nur mit Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet werden, zum Beispiel auf der Kita-Homepage oder in Sozialen Netzwerken. Juristisch gesehen ist bei Kindern unter 7 Jahren die Zustimmung der Sorgeberechtigten erforderlich. Für die Kita ist daher auch hier die Absprache mit den Eltern unerlässlich.
Tipp: Alle Kinder haben ein Recht auf Beteiligung. Das gilt besonders für die Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte. Wenn Sie Ihre Schützlinge fotografieren oder filmen, fragen Sie sie vorher um Erlaubnis und respektieren Sie die Antworten. Gesichtsaufnahmen lassen sich auch digital verfremden, z. B. durch ein lustiges Emoji vorm Gesicht, das macht Kindern viel Spaß.
Fazit
Ausflüge in die Natur stellen höhere Anforderungen an pädagogische Fachkräfte als der normale Kita-Alltag. Bei solchen Aktivitäten dreht sich alles um die Sicherheit, da sind gute Planung und erhöhte Aufmerksamkeit gefragt. Falls Sie nicht sicher sind, welche Vorschriften genau einzuhalten sind, wenden Sie sich an die Sicherheitsbeauftragte oder den Sicherheitsbeauftragten Ihrer Einrichtung.
Für Kita-Kinder sind Ausflüge eine wichtige Erfahrung. Achten Sie darauf, genügend zuverlässige Begleitpersonen mitzunehmen. Gelingt dies nicht, sollten Sie lieber ganz auf die Durchführung verzichten. Kinder haben ein Recht auf Partizipation, daher müssen sie bei der Gestaltung des Ausflugs beteiligt werden, soweit es ihren Möglichkeiten entspricht. Auch dies ergibt sich unmittelbar aus dem Förderungsauftrag der Kita. Wenn alle Akteure verantwortungsvoll handeln, wird der Kita-Ausflug sicher ein voller Erfolg.
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Lesestoff:
Hartmut Gerstein: Kleine Rechtskunde für pädagogische Fachkräfte. Berlin 2014.
Simon Hundmeyer: Aufsichtspflicht in Kindertageseinrichtungen. Kronach 2011.
Gabriele Kokott-Weidenfeld: Raus aus dem Alltag – wir machen einen Ausflug! In: KiTa NRW 3/2020, S. 60-63.
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/
Achtes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/
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