Wir machen unser eigenes Buch: So gestalten und entdecken Sie neue Welten mit Ihren Kindern
Elisa Morel
Lesen macht Spaß, Lesen macht schlau, Lesen eröffnet neue Welten und beflügelt die Fantasie. Daher ist es wichtig, dass Kinder in möglichst jungen Jahren positive Erfahrungen rund um das Thema Buch sammeln. Das gelingt nicht nur durch Lesen, Vorlesen und Betrachten, sondern auch durch die Erstellung eigener Bücher.
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In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie mit einfachen Mitteln eigene Bücher gestalten, welche Themen sich dafür besonders gut eignen – und wie es aktuell um das Leseverhalten von Kindern und Jugendlichen bestellt ist.
Inhalt
1. Kinder und Bücher in Deutschland: Zahlen, Daten, Fakten
2. Lesen als Vorteil für die kindliche Entwicklung
3. Bücher mit Kindern selber machen
3.1. Die handwerkliche Erstellung eines Buches
3.2. Geeignete Themen für Kinderbücher
3.3. Die Verwendung selbst gemachter Bücher im Unterricht
Lesen als Vorteil für die kindliche Entwicklung
Wir wussten es schon immer: Lesen gefährdet die Dummheit. Eine Studie der Soziologin Joanna Sikora aus dem Jahr 2019 belegt, dass die Anzahl der Bücher im Haushalt die kognitive Entwicklung von Kindern beeinflusst – nicht nur Lese- und Schreibkompetenz, sondern auch Rechenfertigkeiten und die Fähigkeit, technische Probleme zu lösen. Besitzt ein Haushalt ca. 80 Bücher, steigen die Fähigkeiten des Kindes auf den Durchschnitt an. Ab 350 Büchern steigern sich die positiven Effekte nur noch geringfügig. Für diese Studie wurden Haushalte in 31 Ländern befragt. Deutschland liegt mit einem Durchschnitt von 115 Büchern im Mittelfeld.
Dieser Studie liegt eine weitere aus dem Jahr 2010 zugrunde: Die Soziologin Mariah Evans (übrigens unterstützt von Joanna Sikora) untersuchte über 20 Jahre den Einfluss der Hausbibliothek auf die Entwicklung der Kinder. Dabei machte sie eine erstaunliche Entdeckung: Kinder, die in einem Haushalt mit 500 Büchern aufwachsen, haben denselben Entwicklungs- und Bildungsvorteil wie Kinder akademischer Eltern, kommen so durchschnittlich auf 3,2 Jahre mehr Bildung und erlangen folglich einen höheren Abschluss.
Bezogen auf die gerade genannten Erkenntnisse ist es eine gute Idee, Haushalte mit Kinderbüchern zu versorgen und Kinder möglichst früh mit Büchern in Kontakt zu bringen. Da die Heranführung an Literatur immer weniger durch die Eltern erfolgt, müssen eben Kitas und Schulen diese wichtige Aufgabe übernehmen. Was liegt also näher, als die Kinder schon in den Entstehungs- und Erstellungsprozess einzubeziehen? Mehr über die Wichtigkeit des Erzählens und Vorlesens erfahren Sie in unserem Beitrag Literacy, Lese- und Schreibkompetenz. Warum Bilderbücher auch in der Grundschule überaus wertvoll sind, lesen Sie in unserem Beitrag Bilderbücher in der Grundschule? Wie Sie mit dem Bilderbuch neue Lernräume öffnen.
Bücher mit Kindern selber machen
Bevor die Kinder mit der Erstellung loslegen, gibt es Redebedarf: Was ist ein Buch überhaupt? Welche verschiedenen Arten gibt es, was macht ein gutes Buch aus? Wie muss ein Buch sein, damit es die SuS interessiert und sie es auch gerne lesen?
Je mehr sich die Kinder unter den verschiedenen Spielarten von Büchern vorstellen können, umso besser gelingen später Entscheidungen, Planung und Umsetzung. Denn auch, wenn einige SuS eigene Bücher besitzen, haben sie noch keine Gedanken über die Gestaltung eines Covers/Umschlags oder verschiedene Arten von Buchbindungen gemacht.
Die meisten Kinder kennen wahrscheinlich Bilderbücher, Märchenbücher, vielleicht Mangas oder Comics. Eher unbekannt sind z. B. Bücher im Collagenstil, Fotoromane, Briefromane oder Bücher mit Marginalien. Dabei gibt es eben nichts, was es nicht gibt, denn man kann ja auch mit Buchstaben malen oder Initialen kunstvoll gestalten.
Bringen Sie also gern ein buntes Sammelsurium in den Klassenraum und lassen Sie die Kinder erkunden, welche Möglichkeiten es gibt. So fällt es den SuS auch leichter, die Kriterien zu finden, die ihnen bei ihrem eigenen Buch wichtig sind.
Die handwerkliche Erstellung eines Buches
Direkt vorweg: Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken. Es muss nicht perfekt sein, sondern funktionieren. Sie müssen sich also weder in eine Software für die digitale Bucherstellung einarbeiten (Sie dürfen aber gerne!) noch eine Menge Geld für professionelle Buchbindung oder ein Fotobuch aus der Drogerie in die Hand nehmen.
Vielleicht besitzt Ihre Schule ein Buchbindegerät (Kammbindung, Stanzbindung, Thermobindung …). Falls nicht, finden Sie solche Geräte in Copyshops – oder Sie entscheiden sich für eine einfachere Methode wie Nadelbindung oder Leporello. Noch simpler ist es, wenn die Kinder einfach ein Blankoheft oder –buch mit Inhalt füllen. Im Zweifel erfüllt auch ein Schnellhefter seinen Zweck, denn es geht ja um Idee, Inhalt, Umsetzung und Erstellung.
Tipp: Je kleiner das Format, umso dicker wird das Buch, ohne dass auch der Inhalt wachsen muss. Außerdem wirken kleinere Seiten motivierender, wenn es ans Gestalten geht, und das Erfolgserlebnis ist größer, weil die Kinder gefühlt schneller vorankommen und trotzdem ein „richtiges“ Buch entsteht.
Geeignete Themen für Kinderbücher
In unserer großen weiten Welt gibt es Bücher zu allen denkbaren Themen und auch eine große Vielfalt unterschiedlicher Genres. Folglich ist auch die Auswahl für selbst erstellte Kinderbücher unbegrenzt.
Besonders geeignet sind wie immer Themen, die die Kinder besonders beschäftigen oder faszinieren: Probleme und Anderssein, fantastische Stoffe, Tiergeschichten, Träume und Wünsche, besondere saisonale Ereignisse wie Ferien oder Festtage. Wenn Sie erst mal mit Ihren Kindern ins Gespräch kommen, werden die Ideen nur so sprudeln.
Ein paar Anregungen haben wir hier schon einmal für Sie gesammelt:
- Fotoromane, z. B. mit selbst aufgenommenen Fotos oder auch ausgeschnittenen Bildern
- simple Comics oder kleine Daumenkinos
- Bücher mit gesammelten Witzen, Rätseln, Quizfragen, erstaunlichen Fakten etc.
- Bilderbücher, vielleicht unterstützt durch Bilder aus dem Internet, aus Zeitschriften oder erstellt von einer KI
- Lesetagebücher, die die Kinder nach Lust und Laune verzieren
- Bücher zu bestimmten Unterrichtsthemen oder Projekten (Erkundung der Nachbarschaft, Portfolios zu selbst recherchierten Themen, Dokumentation erster naturwissenschaftlicher Experimente, des Anlegens eines Gartens oder der Umgestaltung eines Raums)
- Gestaltung eines persönlichen Tagebuchs oder Poesiealbums
- „Sammelbände“ mit beliebten Geschichten, Liedern, Gedichten
- persönliche Bücher für jedes einzelne Kind mit biografischen Daten, Erinnerungen, Familienstammbaum, Hobbys, Vorlieben, Träume, Fähigkeiten usw.
Inspiration für letztgenannte persönliche Bücher finden Sie hier in unserem kostenlosen Download-Material:
Tipp: In jeder Hinsicht praktisch ist es, wenn die Kinder in Gruppen arbeiten. So erstellt z. B. jeder nur ein paar Seiten – das klappt am besten, wenn es sich nicht um eine zusammenhängende Geschichte handelt, sondern jeder sein eigenes Süppchen kochen darf. Das fertige Gemeinschaftswerk verbleibt anschließend in der Leseecke, sodass alle SuS Zugang haben.
Je freier das Thema und je kreativer die Umsetzung, umso wichtiger ist eine genaue Vorabplanung – vor allem, wenn die Kinder in kleineren oder größeren Gruppen zusammenarbeiten sollen. Dadurch verbessern sie verschiedene Fähigkeiten, z. B.:
- Teamfähigkeit
- Kommunikation
- (Selbst-)Organisation
- Kritikfähigkeit
- Reflexionsfähigkeit
- Urteilsvermögen
Gestaltet jedes Kind ein paar eigene Seiten, ohne sich zwischendurch mit den anderen auszutauschen? Wie wirkt sich das auf das Endprodukt aus (Handlung, Stil, Optik)? Übernimmt vielleicht jedes Kind eine andere Aufgabe? Welche Verteilung ist gerecht, welche Aufgabe dauert länger oder ist schwieriger? Klappt der zeitliche Ablauf? Wer kann was besonders gut? So wird die Erstellung des eigenen Buchs zu einem vielseitigen Lernprozess, aus dem die Kinder viel für zukünftige Projekte mitnehmen.
Die Verwendung selbst gemachter Bücher im Unterricht
Bücher – somit auch selbst gemachte – können Sie in nahezu allen Fächern, Themen und bei verschiedenen Aktivitäten verwenden. Sie eignen sich beispielsweise hervorragend zum Abschluss einer Unterrichtsreihe, um Erlerntes noch einmal geordnet festzuhalten und somit zu verfestigen. So können die Kinder ihre eigenen Nachschlagewerke erschaffen.
Ebenso kann die Bucherstellung ein Projekt begleiten. Als Einstieg gestalten die Kinder das Cover, füllen die nächsten Seiten mit Informationen aus dem Unterricht oder eigener Recherche und ihren eigenen Gedanken und Erwartungen, dokumentieren anschließend ihre Lernfortschritte, das Wachstum einer Pflanze oder den Entwicklungsprozess eines Insekts – und ergänzen und verschönern, wie es ihnen gefällt.
Und selbstverständlich ist die Erstellung eines Buchs bereits Selbstzweck genug: Die Kinder werden aktiv und kreativ, entwickeln neue Ideen, probieren sich aus, malen, basteln, schreiben, kleben – und sind am Ende zu Recht mächtig stolz auf ihre Leistung und das fertige Ergebnis.
Außerdem ist es natürlich großartig, seine eigenen Werke in der Leseecke stehen zu haben. So wächst der Fundus von Jahr zu Jahr und lädt immer wieder zum Stöbern und Schmökern ein – wenn schon nicht zu Hause, dann zumindest im Klassenraum.
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Lesen Sie mehr:
Börsenverein des Deutschen Buchhandels: Ergebnisse der Studie: „Bock auf Buch! – Wie junge Menschen heute Bücher finden und kaufen“ 2024, 21.03.2024:
https://www.boersenverein.de/markt-daten/marktforschung/studien-umfragen/studie-bock-auf-buch-2024/
Vorlesemonitor 2024: Jedem dritten Kind fehlen prägende Vorleseerfahrungen (Pressemeldung):
https://www.stiftunglesen.de/ueber-uns/newsroom/pressemitteilung-detail/vorlesemonitor-2024-jedem-dritten-kind-fehlen-praegende-vorleseerfahrungen
Rosenstock, Annemarie: Ihr wollt erfolgreiche Kinder großziehen? Dann müsst ihr laut Forschern eine Sache im Haus haben, 10.01.2019:
https://www.businessinsider.de/wissenschaft/ihr-wollt-erfolgreiche-kinder-grossziehen-dann-muesst-ihr-laut-forschern-eine-sache-im-haus-haben-2019-1/
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Gemeinsam suchen wir ständig nach neuen, aufregenden Themen rund um das Thema Bildung im Kiga, der Schule und zu Hause. Und weil Sie da an der Quelle sitzen, freuen wir uns auf Ihre konstruktiven Rückmeldungen und Anregungen an blog[@]backwinkel.de
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