Die Kugellager-Methode: So kurbeln Sie die Kommunikation im Unterricht an
Christine Hagemann
In jeder Schulklasse gibt es Kinder, die sich im mündlichen Unterricht selten beteiligen. Das Kugellager ist eine ausgezeichnete Methode, um alle Schüler ins Gespräch zu bringen.
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Der gezielte Einsatz von Methodenwerkzeugen bereichert den Schulunterricht. Denn sie helfen, die Aktivität zu steigern und machen den Unterricht für Ihre SuS attraktiver. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie die Kugellager-Methode in verschiedenen Phasen des Unterrichts konzipieren und gewinnbringend durchführen.
Inhalt
1. Was ist die Kugellager-Methode?
1.1 Aufbau des Kugellagers
1.2 Varianten des Kugellagers im Klassenzimmer
2. Wofür ist die Kugellager-Methode hilfreich?
2.1 Frei sprechen und aktiv zuhören
2.2 Kooperatives Lernen anbahnen
3. Wie Sie die Kugellager-Methode im Unterricht einsetzen
3.1 Wie implementiere ich die Kugellager-Methode?
3.2 Was tun, wenn die Schülerzahl ungerade ist?
3.3 Welche Einsatzmöglichkeiten bietet das Kugellager?
3.4 Kugellager für Fortgeschrittene: Die Expertenrunde
Wofür ist die Kugellager-Methode hilfreich?
Das Kugellager ist eine ausgezeichnete Methode, wenn Sie eine Diskussion anregen und alle Schüler in kurzer Zeit zur Meinungsäußerung bewegen möchten. Ebenso gut lässt sich das Kugellager zur Selbstkontrolle des Schülerwissens und zur Ergebnissicherung einsetzen.
Diese Methode hilft vor allem in Lerngruppen, die sich mit Unterrichtsgesprächen schwertun. In fast jeder Klasse gibt es einige Schüler, die sich rege beteiligen, jedoch stark lehrerfixiert sind. Andere sind still oder brauchen einfach länger, bis sie sich melden. Das Kugellager bindet alle ins Geschehen ein.
Frei sprechen und aktiv zuhören
- Im Kugellager laufen die Gespräche in Alltagssprache ab. Vielen Kindern fällt das freie Sprechen leichter, wenn sie untereinander über ein Thema reden. Gleichzeitig üben sie, Informationen für ihr Gegenüber verständlich zu formulieren.
- Beim Zuhören erfahren die Kinder neue Aspekte eines Themas. Zudem lernen sie unterschiedliche Sichtweisen und Vorstellungen kennen, mit denen sie sich im Gespräch auseinandersetzen. Dadurch wird die Kommunikationsfähigkeit erheblich gefördert.
- Sachgespräche und Diskussionen finden im notenfreien Raum statt. Die Schüler können ihre Beiträge sozusagen ins Unreine äußern. Davon profitieren insbesondere sprachschwächere Schüler, die sich im Mündlichen eher selten beteiligen.
Kooperatives Lernen anbahnen
- Beim Kugellager ist die Lehrerfixierung aufgehoben. Die Schüler unterrichten sich quasi gegenseitig. Jeder spricht zu einem Thema und bekommt etwas vermittelt. Die Schüler machen die Erfahrung, dass sie im wechselseitigen Austausch ihr Wissen erweitern.
- Die Schüler lernen, Inhalte zu besprechen und gemeinsam zu erarbeiten. Die Partner müssen aufeinander eingehen, etwaige Verständnisprobleme erkennen und klären. Zudem lernen sie, einen Sachverhalt aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.
- Das Kugellager enthält eine unmittelbare Übungs- und Kontrollphase. Indem die Schüler bestimmte Fachinhalte wiedergeben, wird neben Lernwissen auch die Fachsprache verankert. Hierbei können schwächere Schüler vom Lernstand der leistungsstärkeren profitieren.
Tipp: Bei der Platzverteilung zu Beginn des Kugellagers können Sie darauf achten, dass ein sprachschwächeres Kind im Stuhlkreis einem sprachgewandteren Kind gegenübersitzt. So nutzen Sie das Förderpotenzial des kooperativen Lernens.
Wie Sie die Kugellager-Methode im Unterricht einsetzen
Wie alle neuen Methoden muss auch das Kugellager erst einmal geübt werden. Dazu eignet sich der Morgenkreis zum Start in die Woche besonders gut. Zunächst erklären Sie den Kindern, wie das Kugellager funktioniert, dann nehmen alle ihre Plätze ein. Bereiten Sie die Kinder darauf vor, dass sie möglichst leise sprechen.
Wie implementiere ich die Kugellager-Methode?
Zur Einführung wählen Sie ein einfaches Thema, zu dem jedes Kind etwas sagen kann, wie beispielsweise: Welches Tier ist dein Lieblingstier? Oder: Was hast du am vergangenen Wochenende gemacht? Nun tauschen sich die Kinder aus, bis Sie mit einer Glocke oder einem Gong das Signal zum Weiterrücken geben. Dies wiederholt sich einige Male.
Zum Abschluss fragen Sie die ganze Gruppe, zum Beispiel: Was sagt Pia über ihr Lieblingstier? Oder: Was hat Max am Wochenende erlebt? Dazu können immer mehrere Kinder etwas beitragen, da jedes Kind mit verschiedenen Mitschülern gesprochen hat. So stellen Sie fest, wie gut Ihre SuS aktiv zuhören können.
Was tun, wenn die Schülerzahl ungerade ist?
Eine Voraussetzung für das reibungslose Kugellager ist die gerade Anzahl von Teilnehmern. Besteht die Klasse aus einer ungeraden Schülerzahl, müsste ein Kind aussetzen, was jedoch pädagogisch ungünstig wäre. Besser ist in diesem Fall, dass zwei Kinder ein Tandem bilden, das gemeinsam agiert. Oder Sie nehmen selbst den freien Platz ein und machen auf Augenhöhe beim Kugellager mit.
Welche Einsatzmöglichkeiten bietet das Kugellager?
Für die Durchführung der Kugellager-Methode gibt es viele Variationen und somit ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten in jedem Fach. Hier einige Beispiele im Überblick:
- Kennenlernen: Die Kinder kommen miteinander in Kontakt, stellen sich einander vor und tauschen sich über ihre Vorlieben und Hobbys aus.
- Förderung der Klassengemeinschaft: Kinder, die im Schulalltag wenig miteinander zu tun haben, kommen ins Gespräch und erfahren etwas über die anderen.
- Freies Erzählen: Die Kinder üben im verbalen Austausch mit Gleichaltrigen, ihre Gedanken strukturiert mitzuteilen. Gute Impulse sind Was-wäre-wenn-Geschichten.
- Einführung in ein neues Thema: Die Schüler bringen ihr Vorwissen ein und tauschen sich über ihre thematischen Ideen aus.
- Vorbereitung auf eine Erörterung: Jedes Kind vertritt seinen Standpunkt und setzt sich mit verschiedenen Meinungen auseinander.
- Sicherung von Fachwissen: Die Schüler sprechen über ein Thema, das zuvor im Unterricht behandelt wurde, und festigen dabei ihr eigenes Wissen.
- Förderung der Kommunikationsfähigkeit: Die Kinder entwickeln ihre sprachlichen Kompetenzen und lernen, im Gespräch auf ihr Gegenüber einzugehen.
- Schülerorientiertes Lernen: Die Schüler lernen selbstgesteuert, sie vermitteln sich gegenseitig Kenntnisse, Beobachtungen sowie Lese- und Lernergebnisse.
- Selbstkontrolle: Die Schüler erfahren im notenfreien Raum, über welche Kenntnisse sie schon verfügen und in welchen Bereichen sie noch nacharbeiten müssen.
Tipp: Die Methode Kugellager hilft immer dann, wenn Unterrichtsgespräche sich dahinschleppen. Bringen Sie mehr Dynamik hinein, indem Sie zwei kontroverse Aussagen gegenüberstellen oder eine provokative These aufstellen.
Kugellager für Fortgeschrittene: Die Expertenrunde
Sind Ihre Schüler schon geübt in der Kugellager-Methode, können Sie folgende Variante durchführen. Innerhalb einer Unterrichtseinheit passt die Expertenrunde gut in die Verarbeitungsphase:
- Angenommen, Ihr aktuelles Unterrichtsthema ist die Honigbiene. Bereiten Sie zwei Themenschwerpunkte vor, beispielsweise Thema A: Leben im Bienenstock, Thema B: Ökologische Bedeutung der Bienen.
- Die Schüler arbeiten zunächst für etwa 10 – 15 Minuten in zwei Gruppen, die eine befasst sich intensiv mit Thema A, die andere mit Thema B. Die Kinder dürfen sich Stichwörter notieren.
- Richten Sie nun das Kugellager ein. Die Schüler der Gruppe A sitzen im Außenkreis, die der Gruppe B im Innenkreis. Zuerst vermittelt der Außenkreis Thema A an den Innenkreis, anschließend vermittelt der Innenkreis Thema B an den Außenkreis. Jede Gesprächsphase dauert etwa 5 Minuten.
- Der Innenkreis rückt zwei Plätze weiter. Die Schüler mit Thema B sprechen nun mit neuen Partnern, aber nicht über ihr eigenes Thema, sondern sie tragen vor, was sie über Thema A erfahren haben. Die Experten im Außenkreis können korrigieren und ergänzen. In gleicher Weise sprechen dann die Schüler im Außenkreis über Thema B und erhalten ein Feedback.
- Das Kugellager dauert maximal 30 Minuten. In dieser Zeit hat jedes Kind zweimal einen Kurzvortrag gehalten und etwas aus einem anderen Themenfeld vermittelt bekommen.
Im Anschluss sollten die Ergebnisse im Plenum besprochen werden. So stellen Sie fest, ob die Schüler alle Inhalte richtig verstanden haben. Bei Zeitmangel oder auch zur Vertiefung können Sie als Hausaufgabe geben, die Ergebnisse schriftlich festzuhalten.
Zum Weiterlesen:
Gerd Brenner, Kira Brenner: Kugellager. In: Gerd Brenner, Kira Brenner: 80 Methoden für die Grundschule. Berlin: Cornelsen 22012, S. 57 f.
Günther Einecke: Kugellagermethode. In: Online-Didaktik Deutsch. http://www.fachdidaktik-einecke.de/7_Unterrichtsmethoden/kugellagermethode.htm
Methodenkartei der Uni Oldenburg: Kugellager. https://www.methodenkartei.uni-oldenburg.de/uni_methode/kugellager/
Kersten Reich: Konstruktivistische Didaktik. Das Lehr- und Studienbuch mit Online-Methodenpool. Weinheim und Basel: Beltz 52012.
Kräenbring, Rene: Kugellager-Gespräch, In: Unterricht Pflege “Methodenrepertoire”, 4 (2001), Prodos Verlag
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