City Bound: Was Ihre SuS bei einer Stadtrallye lernen
Elisa Morel
City Bound steht für erlebnispädagogische Angebote im urbanen Raum, denn genau der ist für viele Schülerinnen und Schüler ihr persönliches Umfeld. Gleichzeitig kennen sie ihn oft wenig oder nur bestimmte Straßen, Geschäfte, Orte. Oft nehmen sie ihre Umgebung auch gar nicht bewusst wahr.
© Robert Kneschke, Adobestock.com
In allen Städten gibt es zudem viel Verborgenes wie Obdachlosigkeit sowie Armut und gleichzeitig immer Dinge, die man gemeinsam schöner und besser machen kann. Lernen Sie in diesem Beitrag einige spannende Facetten von City Bound kennen sowie viele praktische Ideen, um Ihren SuS neue Erfahrungen und Tätigkeiten zu vermitteln.
Inhalt
1. Was ist City Bound?
2. Was lernen Ihre Kinder durch City Bound?
3. City Bound in der Praxis
3.1. Vor- und Nachbereitung von City Bound
3.2. Ideen und Aufgaben für City Bound
3.2.1. Kennenlernen der eigenen Schule
3.2.2. Schulhof mit Gästen oder Schulfest als sicheres Umfeld
3.2.3. (Thematische) Stadtrallye
3.2.4. Ausflüge als Grundlage für City Bound
3.2.5. Gemeinnützige Arbeit mit Grundschülern
Die Bezeichnung beruht auf dem Begriff „outward bound“ des bekannten Erlebnispädagogen Kurt Hahn, den er aus der Seefahrt geliehen hat. Dort bezeichnet er ein komplett ausgerüstetes Schiff, das bereit ist, auf große Fahrt zu gehen. Somit ist „outward bound“ Kurt Hahns Metapher für die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche optimal aufs Leben vorzubereiten.
City Bound hat viele Gesichter: Auch Geo-Caching, Rollentauscherlebnisse (wie findet man als Blinder durch die Stadt?) und gemeinnützige Arbeit zählen zu diesem Themenfeld. Bestimmt ist noch nicht jede Spielart für Sie und Ihre SuS geeignet. Wenn Sie nicht selbst aktiv und kreativ werden möchten, können Sie auf maßgeschneiderte Angebote zahlreicher Erlebnispädagogen zurückgreifen, die Ihren Kindern spannende neue Erfahrungen ermöglichen.
Was lernen Ihre Kinder durch City Bound?
Wie immer in der Erlebnispädagogik stehen konkretes Handeln, Aktivwerden und Förderung von Soft Skills im Vordergrund. Je nach Ausrichtung der Aktionen lernen Kinder und Jugendliche durch City Bound verschiedene Dinge, z. B.:
- Überwindung eigener Grenzen und soziale Interaktion, z. B. durch das Ansprechen fremder Menschen
- Wissen, z. B. über Gebäude, Orte, Berufe, Personen
- neue Perspektiven, Empathie und Verantwortungsbewusstsein, z. B. bei gemeinnütziger Arbeit
- Orientierung
- Teamwork
- kreatives Problemlösen
City Bound bietet Ihren SuS die Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen, neue bzw. ungewöhnliche Erfahrungen zu sammeln und nebenbei eine Menge Spaß zu haben.
City Bound in der Praxis
Nun lässt es sich natürlich nicht so leicht bewerkstelligen, mit 25 Zweitklässlern in die Innenstadt zu ziehen, damit sie dort in Kleingruppen unbeaufsichtigt Aufgaben lösen, oder im Wald geocachen. Daher habe ich hier die Rahmenbedingungen etwas angepasst, sodass Sie Ihrer Aufsichtspflicht jederzeit nachkommen und Ihre SuS auch im nicht ganz so offenen Raum auf Erkundungsreise gehen können.
Glücklicherweise ist City Bound ja auch ein weites Feld, das viel Spielraum für Kreativität und Variationen bietet. Ich bin mir sicher, dass Sie selbst auch noch einige Ideen parat haben, um Ihren Kindern Entdeckungen und neue Erfahrungen im urbanen Umfeld zu ermöglichen. Befassen wir uns vorher noch kurz mit der Organisation einzelner City-Bound-Erlebnisse.
Vor- und Nachbereitung von City Bound
Bei City Bound geht es um neue Erfahrungen. Das kann eben auch manchmal bedeuten, die eigene Komfortzone zu verlassen, z. B., wenn es um die Kontaktaufnahme mit Fremden oder das Eintauchen in andere Lebenswelten geht. Trotzdem sollten sich die Aufgaben natürlich an den Interessen Ihrer SuS orientieren und einen tieferen Sinn haben. Bei einem Flashmob auf dem Marktplatz lernt man vielleicht, seine eigenen Grenzen zu überwinden, doch ob der Gemeinschaft damit geholfen ist oder Ihre Kinder Spaß daran haben, ist fraglich.
Überlegen Sie darum vorher gemeinsam, welche Themen Sie ins Auge fassen wollen: Wenn viele Kinder z. B. nichts über kulturelle Angebote für Schülerinnen und Schüler in ihrer Stadt wissen, nutzen Sie die Gelegenheit und finden gemeinsam mehr heraus. Was finden die Kinder toll an ihrer Stadt oder ihrem näheren Umfeld, was weniger? Was können Sie gemeinsam tun, um den Ist-Zustand zu verbessern? Welchen Menschen geht es nicht so gut, wie kann man ihnen eine Freude machen?
Nach jeder Aktion folgt natürlich eine gemeinsame Reflexion: Wie haben sich Ihre SuS gefühlt, was haben sie gelernt, was hat gut geklappt, was weniger? Wie war die Reaktion des Umfeldes? Können und wollen Sie gemeinsam an dieser Aktion anknüpfen? Was machen Sie beim nächsten Mal besser?
Ideen und Aufgaben für City Bound
Entdecken Sie nachfolgend ein paar bunt gemischte Ideen rund ums von mir frei interpretierte Thema City Bound für Grundschüler. Fangen Sie klein an: Picken Sie sich eine Idee heraus, die für Ihre SuS, Ihre Schule, Ihre Stadt und auch Sie selbst am besten passt und legen Sie los.
Kennenlernen der eigenen Schule
Gerade wenn Sie eine 1. Klasse übernehmen, bietet sich eine gemeinsame Erkundung der neuen Schule und ihrer Räumlichkeiten an – und das in einem völlig gesicherten Rahmen, selbst wenn sie nicht alle Kleingruppen dauerhaft im Blick haben. Zusätzlich lernen sich die Kinder ein wenig besser kennen, wenn sie gemeinsam Aufgaben lösen.
Besonders günstig ist es, wenn Sie dazu einen Nachmittag oder auch einen Tag am Wochenende auswählen, sodass Sie die Schule für sich haben und bei der Schnitzeljagd andere Klassen nicht im Unterricht stören.
Denkbare Aufgaben sind beispielsweise:
- Wie viele SuS passen in eine Toilettenkabine?
- Wie viele Stufen/ Räume hat das Schulgebäude?
- Wie viele/ welche Bäume wachsen auf dem Schulgelände?
- Wie viele Schritte braucht man vom Eingang zum am weitesten entfernten Klassenraum im Erdgeschoss?
- Aus wie vielen verschiedenen/ welchen Farben bestehen die Markierungen in der Sporthalle?
- Wie viele/ welche „Kunstwerke“ oder „Skulpturen“ befinden sich auf dem Schulgelände (Spielgeräte, Wandmalereien etc.) oder in der ersten Etage (Fensterbilder, aufgehängte Bilder, Kunstprojekte usw.)?
- Wie viele Fenster hat die ganze Schule insgesamt?
• Welche Spiele kann man auf dem Schulhof spielen? (z. B. Gummitwist, Fußball, Hüpfkästchen, Klettern, Schaukeln …)
Schulhof mit Gästen oder Schulfest als sicheres Umfeld
Eine weitere Idee für Erkundungen im gesicherten Umfeld ist es, Gäste auf den Schulhof einzuladen – vielleicht Verwandte und Nachbarn, die Freiwillige Feuerwehr, Mitarbeitende einer gemeinnützigen Organisation, rüstige Bewohner eines Seniorenheims oder Klassen einer anderen Schule. Noch praktischer ist es, wenn Sie eine Veranstaltung wie ein Schulfest oder einen Spielenachmittag mit Angehörigen dazu nutzen. So haben Ihre Kinder schon genug Fremde vor Ort, mit denen sie interagieren können, z. B. mittels der folgenden Aufgaben:
- Interview
Stelle einem beliebigen Erwachsenen Fragen (es darf auch eine den Kindern unbekannte Lehrperson oder jemand anderer sein). Denkbare Themen sind Hobbys, (frühere) Lieblingsfächer, Lieblingstiere, Lieblingsessen, Mein schönstes Erlebnis in diesem Monat oder 3 Dinge, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen möchte. Bereiten Sie gern im Vorfeld einige Fragen gemeinsam mit Ihren SuS vor, um Ideenmangel und geschlossenen Fragen entgegenzuwirken.
- Tausch dich reich
Die Kinder ziehen mit einem Gegenstand, bspw. einem Radiergummi oder einer Murmel los und versuchen, ihn gegen einen anderen Gegenstand zu tauschen, z. B. einen möglichst großen oder möglichst bunten, frei nach „Hans im Glück“.
- Gruppenfoto
Die SuS bekommen die Aufgabe, mehrere Gruppenfotos nach bestimmten Kriterien zu schießen, z. B.: ein Foto mit drei Menschen mit Zopf, ein Foto mit Hund oder ein Foto mit Kinderwagen …
- Verrückte Bitten und Aktionen
Teilen Sie Kärtchen mit ein wenig abwegigen Mini-Aufgaben aus. Vielleicht kommen bei einem gemeinsamen Brainstorming mit Ihrer Klasse schon genügend Ideen zusammen. Denkbar sind kleine Aufgaben, die die Kinder in der Gruppe oder allein spontan vor Publikum erledigen:
- eine kleine Tanz- oder Gesangsdarbietung
- das Begrüßen von Fremden mit einem Fantasiewort
- Aufgaben, die die Gäste auf Nachfrage erfüllen:
Falten Sie mir bitte einen Hut aus einem Taschentuch
Spielen Sie eine Runde ‚Stein, Schere, Papier mit mir
Zeigen Sie uns bitte, wie gut Sie pfeifen/ reimen/ singen können).
(Thematische) Stadtrallye
Für den glücklichen Fall, dass Sie ein, zwei Kollegen als Unterstützung gewinnen, vielleicht auch Erziehungsberechtigte, können Sie sich z. B. in drei Gruppen à 8 – 10 SuS auf den Weg in die Stadt machen. Die Aufsichtspersonen behalten ihre jeweilige Gruppe aus einiger Entfernung im Auge, damit die Kinder die Möglichkeit haben, ihre Aufgaben eigenständig zu lösen und sich nicht beobachtet fühlen.
Die Aufgaben des vorherigen Punktes kommen auch hier infrage und z. B. diese Ideen:
- Findet einen Ort, an dem sich die meisten Menschen sehr kurz/ sehr lange aufhalten.
- Macht ein Foto von einem Brunnen/ einem Kunstwerk/ einem menschenleeren Ort/ drei Häusern mit farbigen Fassaden.
- Findet heraus, welche Freizeitangebote es für Schüler im Museum/der Stadtbibliothek etc. gibt.
- Findet drei Geschäfte, die Bücher/ Spielwaren/ Schreibwaren verkaufen.
Ausflüge als Grundlage für City Bound
Halten Sie Augen und Ohren offen, ob es in Ihrer Stadt Angebote gibt, die sich für Ihre SuS lohnen – einen Tag der offenen Tür bei der Polizei, ein offenes Sommerfest einer karitativen Einrichtung, ein Schnuppertag in einem Unternehmen, in dem vielleicht ein Elternteil arbeitet, eine Führung durch ein Museum, einen Tag im Tierheim oder einen Vorlesenachmittag in der Bücherei.
Mit ein wenig Planung und Vorbereitung eignen sich alle diese Anlässe hervorragend für eine Schnitzeljagd, für Interviews, für das Kennenlernen fremder Orte und Menschen sowie deren Meinungen und Aufgaben und sogar zur tatkräftigen Mithilfe.
Vielleicht lässt sich mit einigen Organisationen auch eine dauerhafte Zusammenarbeit einrichten. Viele gemeinnützige Projekte wie die Tafel, Reparaturcafés oder Begegnungs- und Kulturstätten freuen sich bestimmt über gelegentliche Unterstützung oder einfach den gegenseitigen Austausch.
Gemeinnützige Arbeit mit Grundschülern
Die Umsetzung dieser beiden Ideen erfordert keine Kooperation mit anderen Menschen und beschränkt sich bei Absprache und Planung Ihrerseits auf ein Minimum.
- Müll sammeln
Im Prinzip brauchen Sie nur Müllbeutel, Müllkneifer oder Handschuhe und schon gehts los. Wie viel sammeln Sie gemeinsam binnen einer Stunde?
Besprechen Sie mit Ihren SuS beispielsweise diese Fragen:
- Wo liegt besonders viel Müll?
- Warum liegt dort besonders viel Müll?
- Welche Dinge finden Sie besonders häufig?
So haben Sie auch gleich einen guten Einstieg ins Thema Umweltbewusstsein und Littering, kommen mit Menschen ins Gespräch und gewinnen vielleicht sogar Mitstreiter.
- Die Stadt begrünen
Hören Sie sich vorher ein wenig um: Gibt es in der Nähe ein Unternehmen, auf dessen Grundstück sich eine Blumenwiese für Insekten anlegen lässt?
Finden Sie bei einem Spaziergang Gärten, die offensichtlich nicht gepflegt werden und deren Besitzer sich über den grünen Daumen Ihrer Kinder, vielleicht sogar deren Eltern freuen?
Kennen Ihre Kinder einen Spielplatz, der schöner gestaltet werden könnte?
Auch ein Besuch der Webseite Ihrer Stadt gibt oft Aufschluss darüber, ob es offizielle Pflanzaktionen gibt oder welche Flächen begrünt werden können. Stöbern Sie ein wenig und nehmen Sie bei Fragen einfach Kontakt zu den verantwortlichen Stellen auf – vielleicht haben ja auch andere Schulen oder Initiativen schon Erfahrung mit diesem Thema, sodass Sie sich anschließen können, um Ihre Umgebung ein wenig schöner und grüner zu machen.
Im Zweifel fangen Sie eben erst mal auf Ihrem eigenen Schulgelände an. Auch dafür können Sie sich Hilfe einladen, sodass Ihre SuS mit anderen Menschen ins Gespräch kommen und gemeinsam Ideen entwickeln.
Abfallzange
1000 Muggelsteine in der Stapelbox
Easi-Scope-Mikroskop
Lesestoff rund um die Kunst:
Begsteiger, Peter: Erlebnispädagogik: Lehrreiche Herausforderungen in Wildnis und Großstadt:
https://www.kinderhilfswerk.at/downloads/fachartikel/erlebnispaedagogik-lehrreiche-herausforderungen.pdf
Informationen und Angebote rund um City Bound:
https://www.citybound.org
Cornelissen, Leif: City Bound – Erlebnispädagokik in künstlichen Welten:
https://new-institut.com/glossar/city-bound/
Webseite von Outward Bound Germany mit Angeboten, Beispielen, Zielen, Ursprüngen und mehr:
https://www.outwardbound.de/de
Weber, Marcus: City Bound – Großstadt (er)leben:
https://www.erlebnispaedagogik.online/citybound/?L=0
Wustrau, Christian: City Bound – Kreative Aktivierungsformen in Stadt und Quartier, 22.01.2015:
https://www.stadtteilarbeit.de/gemeinwesenarbeit/aktivierung-empowerment/city-bound-kreative-aktivierungsformen-stadt-und-quartier
© Copyright – Urheberrechtshinweis
Alle Inhalte auf www.backwinkel.de sowie www.backwinkel.de/blog, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken, sind urheberrechtlich geschützt.
Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei der BACKWINKEL GmbH. Bitte fragen Sie uns, falls Sie die Inhalte dieses Internetangebotes verwenden möchten.
Wer gegen das Urheberrecht verstößt (z. B. Bilder oder Texte unerlaubt kopiert), macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar, wird zudem kostenpflichtig abgemahnt und muss Schadensersatz leisten (§ 97 UrhG).