Depressive Kinder. Symptome erkennen und handeln
Elisa Morel
Psychische Krankheiten nehmen seit Jahren zu, auch und vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Die mit Covid19 einhergehenden Lockdowns haben diese Krise noch verschärft.
Sind Kinder im Vorschulalter von Depressionen betroffen, sind diese schwieriger festzustellen als bei älteren Kindern und Jugendlichen. Dabei brauchen gerade kleine Kinder unbedingt Hilfe von Erwachsenen, damit es ihnen wieder besser geht.
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Wie sich Depressionen bei Kindern äußern, welche Faktoren sie begünstigen und vor allem, was Sie tun können, um Betroffenen zu helfen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhalt
1. Depressionen bei Kindern – Zahlen, Daten, Fakten
2. Symptome von Depressionen bei Kindern
2.1. Depression bei Kindern vs. Depression bei Erwachsenen3
2.2. Typische Symptome für kindliche die Depression
3. Ursachen von Depressionen bei Kindern
4. Wie hilft man depressiven Kindern?
4.1. Genau hinschauen und zuhören
4.2. Anlaufstellen für Hilfe bei Depressionen
Symptome von Depressionen bei Kindern
Depression äußert sich bei Kindern anders als bei Jugendlichen und Erwachsenen. Wer als Teenager depressiv ist, zeigt oft ähnliche Symptome wie erwachsene Depressive, während man bei depressiven Kindern in erster Linie Verhaltensänderungen bei alltäglichen Vorgängen wie Spielen, Schlafen oder Essen feststellt. Auch psychosomatische Symptome wie Bauch- oder Kopfschmerzen kommen bei betroffenen Kindern vor.
Beobachten Sie also bei einem Kind eine Verhaltens- oder Wesensveränderung, behalten Sie es im Blick und bitten Sie auch Ihre Kollegen um Feedback. Denn durch Ihren Alltag kennen Sie die Kinder gut und können sie einschätzen – manchmal vielleicht sogar besser als beispielsweise ein überforderter Vater, eine alkoholkranke Mutter oder ein auf Montage arbeitender Elternteil.
Depression bei Kindern vs. Depression bei Erwachsenen
Eine Depression im Erwachsenenalter zeigt sich oft durch sozialen Rückzug, generelle Freud- und Hoffnungslosigkeit und negative Gedankenspiralen. Doch viele Erwachsene entwickeln Strategien, um mit ihrer Erkrankung klarzukommen, können sich über ihre Krankheit informieren und haben auch die Möglichkeit, ihre Gefühle und ihr Verhalten zu reflektieren und in Worte zu fassen – ob für sich selbst in Schriftform oder im Gespräch mit Vertrauten.
Kinder können sich selbst schlechter helfen – auch, weil sie auf Erwachsene angewiesen sind, um professionelle Hilfe zu erhalten. Kein Vierjähriger wird selbstständig die »Nummer gegen Kummer« wählen oder an die Tür einer psychologischen Praxis klopfen.
Erschwerend kommt bei Kindern im Vorschulalter hinzu, dass sie ihre Gefühle noch nicht (so gut) wahrnehmen, verstehen und verbalisieren können. Sie merken, dass sie sich nicht gut fühlen, wissen aber wahrscheinlich nicht, woran es liegt oder wie sie ihren Zustand verbessern können.
Somit zeigen sich Trauer oder Aggression eher im Verhalten, z. B. durch Verweigerung von Essen bzw. vermehrter Essensaufnahme, dem Zerstören von Dingen, Spielunlust oder Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafproblemen.
Typische Symptome für die kindliche Depression
Bei Kindern sind Verhaltensveränderungen ein Indikator für Depressionen: Wenn sich ein früher lebhaftes Kind plötzlich zurückzieht oder ein stilles Kind aggressives Verhalten zeigt, sollten Sie wie immer genauer hinschauen. Und jedes einzelne für eine Depression typisches Symptom ist für sich ein Zeichen dafür, dass es jemandem schlecht geht – das sagt uns der gesunde Menschenverstand. Glück sieht ganz anders aus.
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention nennt für Kinder im Alter von einem bis drei Jahren folgende Symptome:
• das Kind wirkt traurig
• es hat ein ausdrucksarmes Gesicht
• es ist reizbar oder teilnahmslos
• das Kind zeigt selbststimulierendes Verhalten
• es hat keine Lust zu spielen oder zeigt beim Spielen weniger Kreativität und Ausdauer
• Ess- oder Schlafverhalten sind gestört
Bei Kindern zwischen drei und sechs Jahren zeigen sich folgende Symptome:
• trauriges Gesicht
• verminderte Mimik und Gestik
• Stimmungsschwankungen
• Unfähigkeit zur Freude
• vermindertes Interesse an Bewegung
• Zurückgezogenheit oder Aggression
• Gewichtszunahme oder -verlust durch ein verändertes Essverhalten
• Probleme beim Ein- oder Durchschlafen oder Albträume
Ursachen von Depressionen bei Kindern
Die Ursachen und Auslöser von Depressionen bei Kindern können vielfältig sein. Wer von Ausgrenzung oder Armut betroffen ist oder an einer Störung wie ADHS leidet, ist per se gefährdeter für psychische Erkrankungen. In neurobiologischer Hinsicht können auch ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Organismus oder eine Veränderung der Stresshormone vorliegen. Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Adipositas oder eine Schilddrüsenunterfunktion können die Entstehung einer Depression ebenfalls begünstigen.
Treten depressive Erkrankungen in der Familie auf, steigt das Risiko ebenfalls. Kommen dann noch Stressfaktoren wie die Trennung der Eltern oder Gewalt und Trauma hinzu, sind psychische Auffälligkeiten und seelisches Leid oft unvermeidlich. Oft greifen mehrere Faktoren ineinander. Ein glückliches, gesundes und ausgeglichenes Kind wird nicht durch einen Streit mit dem besten Freund in eine Depression rutschen, durch den Tod eines geliebten Menschen möglicherweise schon.
Wer allerdings z. B. einen depressiven Vater hat, hochsensibel ist und bereits Gewalterfahrungen machen musste, wird vielleicht durch einen kleinen Streit mit einem Freund oder Geschwister so aus der Bahn geworfen, dass er eine Depression entwickelt. Kinder mit Kriegs- und Fluchterfahrung haben natürlich auch häufig Traumata erlebt, die eine Depression auslösen können.
Unsere Grafik gibt Ihnen einen kurzen Überblick über häufige Ursachen für Depressionen bei Kindern.
Wie hilft man depressiven Kindern?
Auf psychischen Krankheiten lastet leider noch immer ein Tabu. Das mag einer der Gründe sein, warum es Betroffenen schwerfällt, darüber zu sprechen oder auch nur zuzugeben, an einer Depression zu leiden – vor allem, wenn man bei Traurigkeit oder Aggression Sprüche hört wie „Reiß dich mal zusammen“, „Benimm dich“, „Ich verstehe dich einfach nicht“ oder „Du bist undankbar/schrecklich“.
Psychische Erkrankungen sind nie leicht zu verstehen, auch für erwachsene Betroffene nicht. Umso schwieriger ist es für Kinder, die ihre Gefühle noch nicht so gut kennen, weniger Coping-Strategien haben und sich sowieso noch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung befinden, die natürlicherweise auch mit Veränderungen im Fühlen und Wahrnehmen einhergeht.
Daher sind Empathie, Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen, Verständnis und eine Vertrauensbasis unerlässlich im Umgang mit depressiven Kindern (und selbstredend auch Jugendlichen und Erwachsenen). Und diese Werte sind auch in der Interaktion mit psychisch gesunden Menschen oder Tieren immer die richtige Wahl, auch wenn die Realität oft anders aussieht.
Ein guter erster Schritt für Aufklärung und Prävention ist es, Wut, Trauer und Depression in der Kita kindheitsgerecht zu thematisieren. Bestimmt sind Sie bereits im Besitz vieler wundervoller Bücher, die Sie mit Ihren Kleinen lesen und besprechen. So lernen die Kinder, dass es okay ist, sich schlecht zu fühlen, und dass es immer die Möglichkeit gibt, über die eigenen Gefühle, Ängste und Probleme zu reden. Denn es ist schlimm, zu denken, man sei mit seinen Sorgen alleine oder als Einziger davon betroffen. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Besserung ist oft das Sich-Öffnen.
Tipp: Auch von der Sendung mit der Maus gibt es eine sehr sensible Folge zum Thema Depression: Die unsichtbare Krankheit. Um einen Einblick in das Thema zu bekommen, bietet sich also auch das gemeinsame Schauen dieser Ausgabe an.
Genau hinschauen und zuhören
Wenn Sie das Gefühl haben, eines Ihrer Kinder zeige Symptome für Depression, tauschen Sie sich im Team aus. So gewinnen Sie nicht nur ein differenzierteres Bild, sondern sind auch als Fachkraft nicht alleine mit der Situation. Bestenfalls kennen Sie auch den mutmaßlichen Auslöser für die Depression des Kindes, etwa wenn es einen Todesfall im näheren Umfeld gab.
Versuchen Sie dann, in einer ruhigen Minute unter vier Augen mit dem Kind zu sprechen – vielleicht auch beim gemeinsamen Malen oder Basteln. Sollte einer Ihrer Kollegen einen engeren Draht zu dem Kind haben, bitten Sie um Hilfe. Im Idealfall öffnet sich das Kind und erzählt. Bei dieser Gelegenheit versprechen Sie ihm, dass Sie immer ein offenes Ohr haben und ihm helfen werden, damit es sich wieder besser fühlt – das muss immer das Ziel sein. Anschließend können Sie überlegen, wie der nächste Schritt aussieht:
- Kennt das Kind die Gründe für seine Gefühle oder weiß, seit wann es sich so fühlt?
- Hat das Kind selbst eine Idee, was ihm helfen würde?
- Ist das Kind bereit, auch mit einem anderen Erwachsenen über seine Probleme zu sprechen, z. B. mit einem Sozialarbeiter oder Psychologen?
- Ist es sinnvoll, mit den Erziehungsberechtigten zu reden, oder sind diese vielleicht die Ursache für die Depression (Stichwort Kindeswohlgefährdung) und es könnte die Lage des Kindes verschlimmern, wenn die Familie erfährt, dass es sich Ihnen anvertraut hat?
Leugnet das Kind, dass es ihm schlecht geht, oder weigert es sich, darüber zu sprechen, suchen Sie sich professionellen Beistand, um die Situation zu lösen. Denn auch, wenn es logisch erscheint, sich in diesem Fall erst einmal an die Eltern zu wenden, kann das aus dem oben genannten Grund genau die falsche Entscheidung sein
Mehr Informationen finden Sie auch in unseren Beitrag Kindeswohlgefährdung erkennen und richtig handeln.
Anlaufstellen für Hilfe bei Depressionen
Viele Hilfsangebote richten sich an Kinder und Jugendliche, die zumindest schon selbst lesen können. Im Vorschulalter sind die Kinder auf Erwachsene angewiesen, um Unterstützung zu bekommen. Sollte sich die Familie des Kindes darum bisher nicht gekümmert haben, laden Sie sie zu einem Gespräch ein und berichten Sie von Ihrem Eindruck.
Eine Diagnose muss immer von einem Psychotherapeuten gestellt werden, der auch immer Alter und Entwicklungsstand des Kindes einbezieht. Die Medizin hat in den letzten Jahren Fortschritte bei der Diagnose und Behandlung von Depression im Kleinkindalter gemacht, doch detaillierte Informationen darüber sind deutlich rarer gesät als über Depressionen bei älteren Kindern. Daher brauchen die Kleinen immer die Hilfe eines Experten.
Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass jedes Kind mit Symptomen einer Depression diese Hilfe auch bekommt. Wenn ein Kind so deutliche Symptome einer Depression an den Tag legt, dass es Ihnen im Alltag auffällt, ist eine psychologische Untersuchung auf jeden Fall ratsam. Tauschen Sie sich also mit den Eltern des betroffenen Kindes aus und überlegen Sie gemeinsam, wie Sie ihm am besten helfen.
Achtung: Sollten die Angehörigen die Symptome kleinreden oder kein Interesse an einem Arztbesuch und einer Diagnose zeigen, müssen Sie handeln. Nicht nur braucht jedes depressive Kind Hilfe, sondern es ist natürlich auch ein Alarmsignal, wenn die Eltern die Erkrankung leugnen – und ein möglicher Hinweis darauf, dass ggf. Kindeswohlgefährdung vorliegt.
Legespiel zu Gefühlssituation
Kamishibai-Bildkarten, Eddie. Gefühle wahrnehmen, …
EDURINO Figur Leo “Meine Gefühle“
Lesen Sie mehr:
- Berk, Susanne: Die besten Kinderbücher über Depressionen 2025 (mit vielen weiteren Listen von Büchern zu spezifischen Ängsten, psychischen Erkrankungen und Emotionen):
https://kinderbuch-fee.de/die-besten-kinderbuecher-zum-thema-depressionen - HR: Phil und das Traurigsein, 2017:
https://www.kika.de/schau-in-meine-welt/videos/phil-und-das-traurigsein-112 - Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: Depression im Kindes- und Jugendalter (mit vielen weiterführenden Links und Informationen):
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/depression-im-kindes-und-jugendalter - WDR – Die Sendung mit der Maus Spezial: Die unsichtbare Krankheit, 2018 (einfühlsame Folge, die Depressionen bei Kindern gut verständlich erklärt):
https://www.wdrmaus.de/extras/mausthemen/unsichtbare_krankheit/index.php5
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