Ein Garten für den Kindergarten: So machen Sie Ihre Kinder zu kleinen Gärtnern
Elisa Morel
Naturerfahrungen sind für Kinder immer eine gute Idee. Umso besser, wenn dieses Erleben im Kita-Alltag möglich ist. Mittlerweile gibt es viele Projekte und Vereine, die Kindergärten dabei unterstützen, Garten-Kita zu werden.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie in Ihrer Einrichtung einen Garten gestalten und was Ihre Kinder davon haben. Zum Thema Bienenhaltung und Insektenhotels kommt ein Experte zu Wort: Sebastian, pädagogische Fachkraft und Hobbyimker, der in einer Garten-Kita arbeitet.
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Inhalt
3. Pflanzen für den Garten
3.1. Kräuter
3.2. Blumen
3.3. Gemüse
3.4. Obst
4. Interview mit Erzieher Sebastian über Bienenhaltung und Insektenhotels
Einen Garten anlegen
Ein guter Garten will natürlich geplant sein. Legen Sie daher zuerst Standort und Größe sowie Budget fest. Davon ausgehend kommen Sie dann zu den Details der weiteren Gestaltung:
- Für wie viele Beete ist Platz bzw. wie groß sollen die einzelnen Beete sein?
- Reicht der Platz für eine Naschhecke?
- Wollen wir auch einen Kompost anlegen, damit wir unseren eigenen natürlichen Dünger haben?
- Können wir auch noch einen Baum pflanzen?
- Wollen wir nur Essbares für uns oder auch für Insekten und Vögel?
Wie auch immer Sie sich entscheiden: Es muss nicht perfekt sein. Und kein Plan ist in Stein gemeißelt. Wenn Sie entscheiden, 10 kleine Beete mit genauso vielen Gemüsesorten anzulegen und nach ein paar Wochen merken, dass der Arbeitsaufwand größer ist als gedacht oder manche Gemüsesorten aus irgendwelchen Gründen nicht der Renner sind, haben Sie im Folgejahr eben mehr Platz für eine Wildblumenwiese. Natürlich müssen Sie auch nicht direkt alles umsetzen, was die Kinder und Sie selbst sich vielleicht vorstellen: Im Winter haben Sie genug Zeit, um beispielsweise mit den Kindern ein Insektenhotel zu bauen, das Sie dann gemeinsam im Frühling einweihen.
Erlaubt ist, was gefällt. Verzichten Sie jedoch auf giftige Pflanzen und Pestizide / Herbizide. Ja, Brombeeren haben Stacheln und wachsen wie Unkraut. Lecker sind sie trotzdem, auch wenn eine Himbeerhecke schlauer sein mag. Und dass Kakteen und Disteln vielleicht nicht die kindgerechteste Wahl sind, wissen Sie selbst. Fangen Sie also einfach an, wenn Sie schon länger mit dem Gedanken an einen Kindergarten-Garten liebäugeln. Ausbauen und umstrukturieren können Sie später immer noch.
Pflanzen für den Garten
Prinzipiell können Sie in Ihrem Kita-Garten natürlich alles anbauen, was auch in einem Schrebergarten oder auf einem Feld möglich ist. Besonders viel Spaß macht das Ganze, wenn die Kinder die Früchte ihrer Arbeit anschließend auch verzehren können. So bekommen sie gleichzeitig einen besseren Zugang zum Thema Ernährung und Herkunft von Lebensmitteln und gleichzeitig die eine oder andere gesunde Mahlzeit.
Generell sind anspruchslosere Pflanzen natürlich pflegeleichter. Außerdem ist es toll, wenn die Kinder regelmäßig Verschiedenes ernten können und z. B. nicht nur einmal jährlich Kartoffeln ausgraben können, in die man dann auch nicht sofort genussvoll beißen kann wie in Erdbeeren oder Himbeeren.
Machen Sie sich daher vorher schlau über Pflege und Wachstumszeit. Wie vielfältig Sie Ihre Pflanzenauswahl gestalten, kann natürlich auch von Jahr zu Jahr variieren. Das ist nicht nur für den Boden gut, sondern auch spannend für die Kinder.
Sammeln Sie vorher gemeinsam Ideen: Was wünschen sich die Kinder, was eher nicht? Haben sie auch Gründe dafür? Damit die Kleinen und Kleinsten Spaß am Gärtnern haben, sollten Sie ihre Wünsche natürlich berücksichtigen.
Trotzdem können Sie zusätzlich eine Überraschungsecke anlegen und nicht verraten, was dort gepflanzt wird. Vielleicht erraten die Kinder es ja, bevor die Frucht reif ist? So können Sie es z. B. auch zum Ritual machen, regelmäßig die (noch oder allgemein) unbekannten Pflanzen zu besuchen und mit den Kindern nach Anhaltspunkten und Veränderungen zu suchen.
Dafür eignen sich nicht nur Kindern eher unbekannte Pflanzen wie Artischocken und Meerrettich, sondern auch Klassiker, die die wenigsten in ihrem natürlichen Zustand kennen. Gemüse wie Weißkohl und Rote Bete haben die meisten Kinder schon gegessen – allerdings eher als Sauerkraut / Krautsalat oder rote Kugeln und geriffelte Scheiben im Glas. Umso interessanter ist es, herauszufinden, wie durch Weiterverarbeitungsprozesse aus dem ursprünglichen Gemüse das wird, was wir im Supermarkt als Konserve kaufen.
Kräuter
Petersilie, Schnittlauch, Basilikum, Thymian, Rosmarin, Minze und noch viel mehr: Kräuter sind schnell erntebereit und das Highlight für viele verschiedene frische Snacks. Natürlich eignen sie sich auch für Spiele zur Wahrnehmungsförderung: Wer erkennt welche Pflanze durch Tasten, Riechen oder Schmecken?
Da Kräuter auch auf kleiner Fläche angebaut werden können und nicht unbedingt ein Plätzchen im Garten brauchen, können Sie natürlich auch Blumenkästen oder Töpfe auf Fensterbänken in kleine Kräuterparadiese verwandeln.
Blumen
Wildblumenwiesen werden glücklicherweise immer populärer, denn sie fördern die Biodiversität und können dem Insektensterben entgegenwirken. Wenn sie in Ihrem Garten also ein Eckchen übrig haben, säen Sie einfach Wildblumen aus und warten ab, welche Besucher sich einstellen.
Kinder haben viel Vergnügen daran, Tiere zu beobachten – auch Schmetterlinge oder Kellerasseln. In einer Wildblumenwiese gibt es eine Menge zu entdecken, von Insekten über Amphibien hin zu unterirdischen Lebewesen.
Und auch Hagebutten kennen heutzutage viele Menschen nur noch aus aromatisierten Teebeuteln. Wenn Sie sich dazu entscheiden, ein paar dieser Sträucher zu pflanzen, können Sie die Früchte gemeinsam zu Marmelade verarbeiten oder mal ausprobieren, wie so ein Tee aus Hagebutten eigentlich schmecken kann.
Auch Löwenzahn und Sauerampfer sind essbar und gesund, auch wenn das heutzutage viele jüngere Menschen nicht mehr wissen. Und die Pflanzen, die sich weder zu Tee verarbeiten noch in irgendeiner Form essen lassen, können Ihre Kinder immer noch sammeln, abmalen, pressen, mittels der Durchreibetechnik zu Papier bringen oder verbasteln, z. B. zu Collagen, dekorativen Sträußchen oder laminierten Platzdeckchen.
Gemüse
Auch hier sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt: In unseren Breitengraden gedeiht eine Vielzahl an Gemüsesorten. Ein eigener Garten ist eine prima Gelegenheit für Kinder, um Gemüse kennenzulernen, das entweder weniger bekannt oder bereits in Vergessenheit geraten ist (z. B. Mangold).
Auch für vermeintlich unbeliebtere Sorten wie Kohlrabi oder Rosenkohl gibt es schmackhafte Gerichte. Und wenn man manches auch nicht essen mag, so macht es doch immer Spaß, es wachsen zu sehen und mehr darüber zu lernen.
Obst
Probieren Sie mit Ihren Kindern diesen Frühling mal was Neues: Bananenstauden, Granatäpfel und Feigen wachsen auch in Nordeuropa und Beerensträucher sind schneller erntebereit als ein frisch gepflanzter Kirsch- oder Apfelbaum.
Damit die Kinder schneller Erfolge feiern können, lohnt sich ein Besuch in der Gärtnerei oder auch im Baumarkt. Dort können Sie sich nicht nur beraten lassen (u. a. auch darüber, wann Sie zum ersten Mal ernten können), sondern auch gleich ein paar kleine Bäumchen mitnehmen, anstatt die Samen selbst zu pflanzen. Manche der Bäume wachsen auch im Kübel, so dass Sie nicht über Unmengen an Platz verfügen müssen, um Ihren Kindern gesunde Nascherei direkt vom Baum oder Strauch zu bieten.
Interview mit Erzieher Sebastian über Bienenhaltung und Insektenhotels
Glücklicherweise können wir zum Thema Bienenhaltung und Insektenhotels auf einen Experten zurückgreifen und eine ganze Menge von ihm lernen – z. B., dass Bienenhaltung als Laie nur in Kooperation mit Imkern eine gute Idee ist. Sebastian ist pädagogische Fachkraft in einem Kindergarten in Bochum und erzählt von seinen Erfahrungen in der Garten-Kita. Lesen Sie im Folgenden das komplette Interview.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Garten-Kita zu werden?
Wir hatten schon davon gehört, haben dann abgestimmt und alle im Team waren dafür. Glücklicherweise haben wir von einem Elternteil gehört, dass ein bekanntes, in Bochum ansässiges Wohnungsunternehmen anbietet, Bildungseinrichtungen zu sponsern, die solche Projekte umsetzen wollen. Es gibt da z. B. ein ganz tolles Bildungsprogramm von Acker e. V., die GemüseAckerdemie, um Kindern die Natur näherzubringen, damit sie lernen, wo unsere Nahrung herkommt.
Welche Pflanzen baut ihr an und wie finden die Kinder das?
Bei uns gibt es Tomaten, Mais, Zwiebeln, Kürbis, verschiedene Salat- und Kartoffelsorten. Den Kindern gefällt das Gärtnern sehr. Schon die Kleinsten mulchen, die Größeren harken, pflanzen ein und ernten. Natürlich haben wir so auch direkten Zugang zu gesundem Essen, das wir gemeinsam zubereiten.
Gibts bei euch auch Tiere?
Wir haben Bienen! Ich bin seit Jahren Hobbyimker und war schon länger dafür, auch für die Kita Bienen anzuschaffen. Mittlerweile sind wir in der zweiten Saison und die Vorschulkinder machen bei mir den »Kleinen Bienenführerschein«, nachdem sie den richtigen Umgang mit den Tierchen gelernt haben – natürlich in Schutzausrüstung.
Wir haben mit einem Volk angefangen, dieses Jahr kommt ein zweites hinzu. Somit habe ich mittlerweile einen zweiten Standort für meine Bienen und die Kinder haben Spaß.
Gab es bei den Eltern Vorbehalte gegen die Anschaffung der Bienen?
Wenig, aber klar, Vorbehalte gibt es meistens. Die größte Sorge ist immer, dass die Bienen die Kinder stechen. Aber erstens sind Bienen friedliche Tiere, zweitens lernen die Kinder den richtigen Umgang mit ihnen, drittens stehen die Bienen ein wenig abseits draußen und ihre Einflugschneise liegt nicht im Spielbereich der Kinder, viertens tragen die Kinder Schutzausrüstung und nähern sich fünftens dem Bienenstock nicht unbeaufsichtigt.
Bei uns wurde noch kein Kind gestochen. Und wenn das doch mal passieren sollte, sind die Kinder bei uns natürlich in den besten Händen und werden optimal versorgt – auch, wenn sie allergisch sein sollten, ohne dass das vorher bekannt war.
Übrigens sind nur 1 – 5 % der Bevölkerung allergisch gegen Bienengift. Die Angst vor stechenden Bienen ist in der Regel unbegründet, das sind ja keine Wespen. Manchmal, wenn ich mit solchen Bedenken konfrontiert werde, frage ich mich: Wie haben wir früher bloß überlebt?
Wie hast du die Kinder auf den Umgang mit den Bienen vorbereitet?
Na ja, die Biene Maja kennen fast alle. Ich habe übrigens die Erfahrung gemacht, dass kleine Kinder zu allen fliegenden Insekten erstmal »Biene« sagen, auch wenn es eine Fliege oder Wespe ist. Und leider haben viele Kinder Angst vor Bienen, weil sie glauben, dass sie gestochen werden. Diese Angst ist ja auch evolutionär bedingt und hat somit ihren Sinn. Also geht es erstmal darum, den Kindern ihre irrationale Angst zu nehmen. In der Regel lernen sie schnell, dass Bienen etwas anderes als Wespen und nicht aggressiv sind. Wenn Kinder aber partout nicht mit den Bienen umgehen wollen, müssen sie das natürlich auch nicht.
Es gibt auch viele tolle Bücher rund um die Biene, z. B. »Das Buch der Biene« von Charlotte Miller. So können die Kinder die Biene erstmal näher kennenlernen, ohne direkten Kontakt mit dem Bienenvolk zu haben.
Bei uns stehen die Bienen hinter einer Absperrung mit ungefähr zwei Meter Abstand. Ich habe zum Einstieg alle Kinder, auch die ganz Kleinen, zu den Bienen mitgenommen und ihnen gesagt, dass sie hinter dieser Absperrung bleiben müssen, weil die Bienen sonst vielleicht Angst bekommen und stechen. Näher dran dürfen sie nur im Schutzanzug mit mir zusammen und auch das nur in kleinen Gruppen von maximal drei Kindern. Und dann habe ich einen Rahmen aus dem Stock geholt und den Kindern gezeigt. Das fanden sie natürlich ganz spannend, allein schon, weil sie nicht mit so vielen Tieren gerechnet hätten und die Waben erkennen konnten. Und das Summen finden sie alle schön. Eigentlich hilft mir die natürliche Neugier der Kinder am meisten dabei, sie zu Bienenfreunden zu machen.
Welche Verhaltensregeln sind im Umgang mit Bienen wichtig?
Ruhe und Respekt bewahren und nicht in den Bienenstock atmen, denn neben Wespen sind Warmblüter die größten Feinde der Bienen. Starke Gerüche wie Parfüm und Schweiß mögen Bienen auch nicht besonders. Und wenn man am Bienenstock arbeitet, braucht man auch ein wenig Fingerspitzengefühl, um die Tiere nicht zu verletzen. Das mache ich daher nur mit unseren ältesten Kindern. Mit der Zeit lernt man selbstverständlich auch, das Verhalten der Bienen zu verstehen.
Welche Genehmigungen oder Zertifikate braucht man für die Bienenhaltung?
Honigbienen stehen zwar unter Artenschutz, aber man braucht keine speziellen Genehmigungen. Bienen dürfen überall stehen. An öffentlichen Plätzen kann die Stadt gewisse Vorgaben machen, z. B. bezüglich Haltung oder Rasse. Natürlich muss man wegen des Seuchenschutzes den Standort der Bienen anmelden. Ich empfehle immer, sich vorher beim ortsansässigen Imkerverein zu informieren und eine Kooperation anzustreben.
Ich kann mir vorstellen, dass die Ausrüstung recht umfangreich und teuer ist. Stimmt das?
Ja. Wenn man sich wirklich über Jahre um ein Bienenvolk oder sogar mehrere kümmert, braucht man einiges an Ausrüstung. So ein Bienenvolk kann hundert Jahre alt werden, weil es sich ständig reproduziert, aber dafür muss man viel wissen und tun. Ich habe in meiner ersten Saison ca. 2.500 € Kosten gehabt, und das nur für das elementare Zubehör. Honigtöpfe, Honigschleudern, Honigeimer, Rührer, Entdeckler usw. habe ich mir noch gar nicht angeschafft.
Auf jeden Fall braucht man eine Beute, also einen Bienenstock oder -korb. Dazu Ableger, um ein neues Volk zu gründen. In den Beuten sind Böden, Zargen und Rähmchen, außerdem braucht man einen Innen- und einen Außendeckel. Zusätzlich Stroh, Styropor oder Kunststoff, um den Kasten zu dämmen, und man muss zufüttern. Dafür braucht man spezielle Zuckerlösungen und Futtertaschen oder Futterzargen. Außerdem muss man dreimal jährlich mithilfe organischer Säuren die Varroa-Behandlungen gegen Milben durchführen. Einen Untersatz braucht man auch, damit die Stöcke belüftet sind. Ich nutze dafür Paletten. Dann braucht man einen Smoker (eine Art Dose mit Blasebalg) für die Arbeit am Stock, und natürlich Schutzanzüge: einen Hut mit Netz, Handschuhe. Ein Stockmeißel ist nützlich, um z. B. die Rähmchen vorsichtig zu lösen, das geht aber notfalls auch mit einem Schraubendreher.
Erntet ihr auch Honig?
Dafür müssen die Bienen erst mal gut über den Winter kommen. Generell kann man zweimal im Jahr ernten, Frühtracht und Spättracht. Viele Imker machen das nur noch einmal jährlich, um die Bienen ursprünglicher zu halten und ihnen nicht so viel von ihren Vorräten zu nehmen. Dafür braucht man natürlich auch das nötige Werkzeug. Den Honig kann man essen oder aufgrund seiner antibiotischen und antimykotischen Wirkung auf kleine Kratzer schmieren, um die Wundheilung natürlich zu unterstützen.
Wir ernten außerdem einmal im Jahr Wachs. Das ist anfangs nur wenig, aber es reicht schon für ein paar selbstgemachte Teelichter. Und auch Propolis kann man ernten, das ist auch recht beliebt in der Kosmetikbranche und wird von den Bienen als Baumaterial produziert.
Was lernen die Kinder durch den Umgang mit den Bienen?
Eine ganze Menge! Den richtigen und ruhigen Umgang mit Wildtieren zum Beispiel. Sie lernen, dass sie keine Angst haben müssen, aber auch nicht den Respekt verlieren dürfen. Außerdem erleben sie quasi live, wie Wachs und Honig produziert werden.
Und auch der Jahresrhythmus mit allen saisonalen Unterschieden lässt sich gut anhand eines Bienenvolks verfolgen: Wenn die Bienen fliegen, ist der Frühling gekommen. Wenn der Honig fertig ist, haben wir Sommer. Wenn weniger Bienen fliegen, wird es Herbst. Und wenn man keine Bienen mehr fliegen sieht, ist es Winter, denn dann sind alle drinnen und kuscheln.
Darüber hinaus lernen die Kinder natürlich, wie wichtig Bienen für das Ökosystem und auch für unsere Nahrung sind, weil sie Pflanzen bestäuben. Und die Kinder sind hellauf begeistert von den Bienen, fragen mich dauernd, ob ich mit ihnen nach draußen zu den Tieren gehe, lauschen dem Summen, beobachten. Unser Bienenvolk ist quasi ein Aquarium ohne Wasser und für die Kinder ein tolles Erlebnis. Wie viele Kinder haben schon das Glück, mit Bienen in Kontakt zu kommen?
Wie viel Arbeit macht so ein Bienenvolk?
Im Alltag wenig. In der Regel eine Kontrolle wöchentlich, ob alles okay ist. Dann gibt es natürlich die Varroa-Behandlungen gegen Milben, die Honigernte, das Zufüttern, die Vorbereitungen zum Überwintern. Dabei können ansässige Imker helfen, denn die haben die nötige Ausrüstung und das Fachwissen. Selbst, wenn man keinen Honig ernten will, muss man das Bienenvolk hegen. Man kann diese domestizierten Tiere nicht einfach sich selbst überlassen. Das überleben sie nicht.
Was rätst du Einrichtungen, die überlegen, sich selbst ein Bienenvolk anzuschaffen? Wahrscheinlich sind die wenigsten Erziehenden nebenbei Imker wie du.
Ich rate jedem, mit dem Imkerverein vor Ort zusammenzuarbeiten. Das sind Profis, die in der Regel auch gerne bereit sind, eines ihrer Völker auf das Gelände der Kita zu stellen, denn prinzipiell darf man überall Bienen halten, allein schon aus Artenschutzgründen. Da kann man also einfach mal anfragen, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte. Auch die Videos von Dr. Pia Aumeier sind hilfreich, um sich dem Thema erst mal anzunähern. Wie viele andere Imker und Hobbyimker bietet sie auch Seminare an, in denen man sein eigenes Bienenvolk aufbaut.
Bienenhaltung ist sehr komplex und auch wenn man alles richtig macht, kann es sein, dass das Volk stirbt, z. B. aufgrund von Milben oder Schimmel. Das ist natürlich keine schöne Erfahrung. Man braucht also Vorwissen oder einen Fachmann, eine Fachfrau an Bord. Außerdem können sich die Imker auch in den Ferien um die Tiere kümmern und den besten Standort auf dem Gelände bestimmen. Der sollte nämlich z. B. weder zu schattig noch zu sonnig sein, und auch nicht ganz windstill. Und natürlich müssen die Bienen auch frei fliegen können, ohne ihre Einflugschneise z. B. direkt über dem Sandkasten zu haben. Generell rate ich auch davon ab, sich für teures Geld ein Bienenvolk zu mieten. Die meisten Imker freuen sich einfach, einen zusätzlichen Standplatz für ihre Völker zu haben und teilen gern ihr Wissen.
Natürlich muss man auch die Eltern miteinbeziehen, um eventuelle Vorbehalte zu zerstreuen. Und man muss sich darüber im Klaren sein, dass Bienenhaltung ein Langzeitprojekt ist: Bis man wirklich Honig und Wachs ernten kann, vergehen ein paar Jahre, und es kann immer etwas schiefgehen. Auch erfahrene Imker verlieren immer wieder Bienenvölker, z. B. durch die Amerikanische Faulbrut oder den schon erwähnten Milbenbefall oder Schimmel.
Hast du vielleicht auch Tipps zum Bau eines Insektenhotels, wenn man nicht direkt mit einem Bienenstock loslegen will?
Ja, ich habe auch schon selbst welche gebaut. Da gibt es ja ganz viele unterschiedliche Varianten. Ich bin persönlich der Meinung, dass jeder Garten ein Insektenhotel braucht, und dass man Schottergärten verbieten sollte.
Am einfachsten ist es, wenn man zufällig einen Baum auf dem Gelände fällt oder schon gefällt hat, den Stumpf nicht auszugraben, sondern ca. einen Meter stehenzulassen. Da kann man dann mit der Bohrmaschine in einem Winkel von ein bisschen weniger als 90 Grad Löcher leicht schräg nach oben bohren, bis fast zur Baummitte. So können die Löcher nicht mit Regenwasser volllaufen. An einer Seite kann man die Rinde entfernen. Dort siedeln sich dann Bienen an, an der Rindenseite andere Tierchen wie Ohrenkneifer – schön räumlich getrennt, damit sie nicht die Puppen der Bienen fressen.
Man bohrt generell immer von außen nach innen, also immer gegen die Maserung, niemals längs in den Stamm. Das gilt auch für andere Varianten. Denn sonst splittert das Holz und die Insekten bleiben mit ihren Flügeln daran hängen oder es dringt Feuchtigkeit ein und das Ganze schimmelt.
Ich habe z. B. Paletten aufeinandergestellt und nach und nach mit Reisig und Stroh befüllt. Am besten nimmt man neue Paletten, von denen man weiß, woher sie kommen, also dass sie nicht mit Chemikalien oder Teer in Berührung gekommen sind.
Man kann aber auch Tonröhrchen basteln, was wirklich viel Arbeit ist. Meine Röhrchen sind mindestens 14 cm lang, haben ein Loch mit einem Durchmesser zwischen 3 und 9 Millimetern und sind am Ende geschlossen. Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Ich finde, Kinder haben auch ein Recht zu experimentieren. Wir probieren dieses Jahr mal ein Insektenhotel aus unterschiedlichen Strohhalmen aus und schauen dann mal, ob es bewohnt wird. Denn Insekten und Bienen fühlen sich ja z. B. auch in Fensterkästen aus Plastik wohl.
Ziegelsteine mit vorgebohrten Löchern bringen nichts, die werden von den Insekten nicht angenommen. Da kann man die Ziegel besser selbst anbohren, sodass die Löcher am hinteren Ende geschlossen bleiben. Ich würde auch nie ein fertiges Insektenhotel im Baumarkt kaufen. Viele dieser Hotels erfüllen nicht die Voraussetzungen, um von Insekten bewohnt zu werden, sondern z. B. eher die ästhetischen Erwartungen der Menschen. DIY ist außerdem billiger und man kann gemeinsam mit den Kindern basteln und werken.
Habt ihr weitere Pläne für eure Garten-Kita?
Auf jeden Fall! Wir wollen uns am liebsten bald Hühner und Wachteln anschaffen. Und wir hoffen natürlich, dass unsere Bienen wachsen und gedeihen.
Herzlichen Dank für das ausführliche Interview und die umfassenden Informationen.
Lesen Sie mehr:
Informationen über das Programm GemüseAckerdemie von Acker e.V.:
https://www.acker.co/gemueseackerdemie
Kinder im Garten: 7 Ideen, um Kinder für die Gartenarbeit zu begeistern:
https://www.heimwerker.de/kinder-im-garten/
Becker-Textor, Ingeborg: Mit Kindern die Natur entdecken (leicht bearbeitete Fassung), Aus: Becker-Textor, Ingeborg: Mit Kinderaugen sehen. Wahrnehmungserziehung im Kindergarten. Freiburg, Basel, Wien: Herder 1992, S. 73 – 96.
https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/bildungsbereiche-erziehungsfelder/naturwissenschaftliche-und-technische-bildung-umweltbildung/1030/
Kräutergärten im Kindergarten:
https://www.kneippbund.de/fileadmin/user_upload/kneipp-bund/dokumente/sebastian-kneipp-tag/2014/SK-Tag__2014_Kraeutergarten_im_Kindergarten.pdf
Meyer, Christine, „Gestaltung des Aussengeländes“:
https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/KiTaFT_Meyer_2014.pdf
Broschüre über das Anlegen einer Wildblumenwiese mit zahlreichen Ideen für kleine Forscher:
https://www.nua.nrw.de/fileadmin/user_upload/NUA/Publikationen/Material_Bildungsarbeit/Bildungsordner/Broschueren/Natur-Kinder-Garten/03.pdf
Magazin Grünes Leben: Gärtnern mit Kindern: Pädagogisch wertvolle Tipps
https://www.plantura.garden/gruenes-leben/gaertnern-mit-kindern-paedagogisch-wertvolle-tipps
Links zu weiterführenden Materialien zur Bienenhaltung von Pia Aumeier auf Ruhrstadt-Imker.de:
https://ruhrstadt-imker.de/einfach-imkern/pia-aumeier-dropbox/index.html
Insektenhotel richtig bauen – nicht nur Deko, sondern Hilfe für Nützlinge
https://www.smarticular.net/insektenhotel-selber-bauen-einfach-kinder-anleitung/
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