Fake News, Influencer, Regenbogenpresse: Stimmt alles, was Ihre Kinder so lesen und hören?
Elisa Morel
Im Internet findet man alle möglichen und unmöglichen Informationen – oft zulasten der Wahrheit und Seriosität, denn wichtiger sind meistens Klicks, Beliebtheit und Geld. Und gerade, wenn man im Internet auf der Suche nach Informationen zu aktuellen Themen ist, findet man eine Menge Beiträge, in denen irgendwer einfach unqualifiziert seine Meinung von sich gibt.
© stefano, Adobestock.com
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie bunt die Welt der digitalen Welt sein kann und wie Sie Ihren Kindern dabei helfen, den Durchblick zu behalten und die eigenen Köpfe zu benutzen, anstatt ihren Idolen oder dubiosen Quellen bedingungslos zu glauben.
Inhalt
1. Das heutige Verhältnis von Kindern zu Medien
1.1. Fake News in sozialen Netzwerken
1.2. YouTuber & Co. als Influencer
2. Internet-Beispiele für bestenfalls halbe Wahrheiten
3. Seriöse Berichterstattung erkennen
3.1. Woran erkennt man seriöse (Internet-)Quellen?
3.2. Projekte zur Medienbildung für Kinder
3.2.1. Der interaktive Fakefinder des SWR
3.2.2. Die App „Fake News Check“
3.2.3. Spezielle Suchmaschinen für Kinder
Internet-Beispiele für bestenfalls halbe Wahrheiten
Fynn Kliemann und sein Masken-Skandal, MontanaBlack und seine NFT-Werbung samt Hakenkreuz, angebliche Enthüllungsvideos und Vorwürfe gegen Germany’s Next Top Model und Unges Behauptung, Milch sei Gift: Sie haben überhaupt nichts verpasst, wenn Ihnen diese vier Beispiele wenig bis überhaupt nichts sagen.
Wir gehen an dieser Stelle nur kurz auf Simon Unges vier Jahre alte Äußerung über Milchkonsum ein, um Ihnen einen Eindruck davon zu geben, in welcher Welt Ihre Kinder z. T. unterwegs sind und welche skurrilen Blüten die Szene zum Vorschein bringen kann.
„Das ist [der] absolute Horror, was hier steht“
Simon Unge gilt als einer der reichsten YouTuber Deutschlands. Zusammengerechnet schaffen es all seine Videos auf über zwei Milliarden Aufrufe. Seine Inhalte reichen von Spielen über (Welt-)Reisen bis hin zu Reaction-Videos (Beiträge, in denen er die Videos anderer YouTuber kommentiert) oder Plaudereien – so z. B. 2018 mit Hund am winterlichen Elbstrand. Das gut sechsminütige Video heißt „Milch ist GIFT – Kanada streicht Milch aus Ernährungspyramide, Reup unge“ und wurde von einem anderen User erneut hochgeladen, wie der Titel verrät. Es handelt sich also nicht um die originale Veröffentlichung von Unge selbst, zeigt aber den ursprünglichen Beitrag.
In diesem Video behauptet Unge nicht nur, dass Milchprodukte krank machen, sondern auch, dass dahinter eine Lobby stecke. Die Äußerung „Milch ist Gift“ fällt dabei des Öfteren und das Ganze lässt sich nur mit viel Nachsicht nicht als Verschwörungstheorie bezeichnen. Unge vergleicht Milchkonsum mit Rauchen und fordert seine Zuschauer abschließend dazu auf, künftig auf Milchprodukte zu verzichten – mit den Worten: „Ich möchte nur versuchen, euch zu informieren, dass ihr euch kein Gift mehr reinziehen sollt.“
Seriöse Berichterstattung erkennen
Es gibt ein paar Kriterien, anhand derer man zumindest als Erwachsener vertrauenswürdige Quellen erkennt. Doch spätestens bei staatlicher Zensur oder Propaganda hilft keine simple Checkliste mehr, um die Wahrheit zu erkennen. Glücklicherweise sind diese Themen für Ihre Schülerinnen und Schüler erst in einigen Jahren relevant, sodass wir uns hier auf simplere Strategien konzentrieren, die Sie Ihren Kindern z. B. im Rahmen eines Medien- oder Nachrichtenprojektes vermitteln können.
Woran erkennt man seriöse (Internet-)Quellen?
Auch für Erwachsene ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, wie seriös eine Internetquelle ist, und oft mag man sich auch nicht die Mühe machen, immer alles zu überprüfen und zu hinterfragen. Ein paar Kriterien helfen dabei, ohne viel Aufwand zu erkennen, ob die Berichterstattung insbesondere bei Nachrichten zur seriösen Sorte gehört.
1. Die Seite hat ein Impressum
Das klingt simpel und ist es auch. Kein Impressum, keine Seriosität, denn ein Impressum ist zumindest in Deutschland und vielen anderen Ländern gesetzlich vorgeschrieben. Wer seinen Namen oder Stellvertreter nicht nennt, legt den Verdacht nah, etwas verschleiern zu wollen.
2. Der Text ist fehlerfrei
Rechtschreib- und Tippfehler, schräge Formulierungen oder Umgangssprache sind Merkmale unseriöser Quellen.
3. Der Beitrag ist neutral geschrieben
Keine Hetzparolen, keine unbelegten Thesen, keine offenkundige Meinung des Autors, keine Beeinflussung des Lesers, keine einseitige Berichterstattung keine ungekennzeichnete Werbung innerhalb des Artikels – also keine Merkmale der Regenbogenpresse.
Natürlich kommt es hier auch auf die Art des Artikels an: Ein mittelständischer Lebensmittelhersteller, der seine eigene Studie bei einem unabhängigen Institut in Auftrag gibt oder ein Autor eines polarisierenden Kommentars sind in der Regel seriöser als ein Ein-Mann-Unternehmen, das sein selbst entwickeltes Krebsmedikament auf seiner Internetseite in höchsten Tönen anpreist.
4. Quellen und Informationen sind überprüfbar
Sind die genannten Quellen verlässlich oder nur die unbelegte Meinung einzelner? Sind die Studien aussagekräftig oder haben z. B. nur 10 Menschen einer wie auch immer gearteten Randgruppe teilgenommen?
Wenn der Artikel Quellen angibt, ist die Überprüfung simpel. Aber auch anderenfalls kann man die Hauptthesen und Schlagworte kurz googeln und die Ergebnisse beurteilen – zumindest als Erwachsener mit Medienkompetenz. Wenn Suchmaschinen allerdings zu den im Artikel genannten „Fakten“ keine weiteren oder nur widersprüchliche Treffer liefern, handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um eine vertrauenswürdige Quelle.
Projekte zur Medienbildung für Kinder
Es gibt viel Material zur Medienkompetenz für ältere Kinder, doch auch für die Kleineren findet man mittlerweile interessante Angebote. Ein paar Ideen dazu stellen wir Ihnen an dieser Stelle vor.
Und vielleicht haben Sie darüber hinaus Lust, gemeinsam mit den Kindern zu experimentieren: Probieren Sie einfach ein paar Suchbegriffe in unterschiedlichen Suchmaschinen aus, am besten zuerst ohne Ihre Klasse. Sie werden erstaunt sein, wie weit allein die ersten Ergebnisse bei der Suchmaschine DuckDuckGo von den Standard-Treffern bei Google abweichen. Die Beeinflussung beginnt also nicht erst auf Social-Media-Plattformen oder bei per se unseriösen Quellen.
1. Der interaktive Fakefinder des SWR
Auf einer Internetseite des SWR lernen Kinder in vier verschiedenen Leveln, Fake News von echten Nachrichten zu unterscheiden. Zwei Avatare führen die Spieler anhand von realen Social-Media-Schnipseln durch die Kategorien des Spiels: Werbung, Bildtricks, Kettenbriefe, das Superlevel mit gemischten Inhalten und ein Extra-Level, das erst verfügbar ist, wenn die übrigen Level fehlerfrei bestanden wurden.
Lediglich die Kategorie „Kettenbriefe“ ist nicht immer ganz eindeutig – auch ein Aufruf von Freunden, an einer witzigen Challenge teilzunehmen, gilt als Kettenbrief, wird allerdings von den Avataren zurecht als harmlos bewertet.
Das Spiel ist unterhaltsam, lehrreich, realitätsnah und gut erklärt. Daumen hoch – probieren Sie es gerne mit ihren Kindern selbst aus. Gerade als Einstieg in das Thema bzw. zur Abfrage des Kenntnisstands ist dieses Spiel gut geeignet. Wenn Sie anschließend mit Ihren Kindern mehr Wissen rund um Fake News erarbeiten, schaffen zum Abschluss der Unterrichtseinheit bestimmt alle auch das Bonuslevel.
2. Die App „Fake News Check“
Eine geeignete Möglichkeit, um Kindern Medienkompetenz zu vermitteln, ist die App „Fake News Check“. Sie stellt Kindern zu Meldungen im Internet insgesamt 19 Fragen und ermittelt anhand der Einschätzungen der Kinder nach einem Ampelsystem die Verlässlichkeit der Quelle – inklusive abschließendem Feedback und weiterführenden Hinweisen.
Für die Beantwortung der Fragen braucht es ein wenig Übung und Hintergrundwissen, doch wenn diese Hürde genommen ist, unterstützt diese App Kinder auch zukünftig bei ihren digitalen Streifzügen auf eigene Faust.
3. Spezielle Suchmaschinen für Kinder
Sogenannte Kindersuchmaschinen bieten Kindern die Möglichkeit, weitestgehend unbedenklich zu surfen. Sie erlauben nur den Zugriff auf eingetragene und somit als unbedenklich eingestufte Internetseiten. Einige haben allerdings gravierende Nachteile, z. B. die Weiterleitung auf Spiele oder ein hohes Aufkommen an Werbung. Die Gefahr, durch die Suchmaschinen auf Fake News oder Verschwörungstheorien zu stoßen, ist allerdings sehr gering.
Fazit und Anregungen
Natürlich müssen Sie sich nicht in Ihrer Freizeit mit Twitch-Streams, YouTube-Kanälen und Instagram-Posts von Bibi, Knossi, Paluten oder Lisa und Lena beschäftigen. Es kann allerdings ganz spannend sein, zu sehen, womit Ihre Kinder und generell die jüngere Generation sich in ihrer Freizeit beschäftigen. Vielleicht haben Sie ja sogar Lust, ein oder zwei Lieblinge Ihrer Kinder in einer Unterrichtsreihe im Hinblick auf Glaubwürdigkeit, Selbstdarstellung und Marketing mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Für Ihre Kinder ist das nicht nur spannend und cool, sondern garantiert auch lehrreich.
Und wenn Sie sich dazu absolut nicht überwinden können, sprechen Sie mit Ihren Kollegen und Kolleginnen. Vielleicht findet sich jemand, der einen kleinen Workshop, eine Projektwoche oder gleich eine ganze AG auf die Beine stellt und gemeinsam mit den Kindern die Faszination und Mythen der Influencer ergründet.
Lesen Sie mehr:
John Brandon: Donald Trump’s ‘Truth Social’ Finally Works On The Web. Yes, It’s Terrible 23.5.2022:
https://www.forbes.com/sites/johnbbrandon/2022/05/23/donald-trumps-truth-social-finally-works-on-the-web-yes-its-terrible/?sh=59f85126427f
handysektor: Vorsicht Fake News!, 21.2.2017:
https://www.handysektor.de/artikel/vorsicht-fake-news
Josephine Hepperle: Die besten Kindersuchmaschinen, Känguru Stadtmagazin für Familien in Köln, 12.03.2022:
https://www.kaenguru-online.de/themen/medien/die-besten-kindersuchmaschinen
SWR, Willkommen beim Fakefinder Kids (Spiel):
https://kids.swrfakefinder.de
Kordt, Karla-Paulina: Seriöse Quelle: Erkennen, ob eine Quelle vertrauenswürdig ist, 4.8.2021:
https://futureorg-institute.com/blog/serioese-quelle-erkennen-ob-eine-quelle-vertrauenswuerdig-ist/
Infos zur App „Fake News Check“:
https://www.neue-wege-des-lernens.de/projekte/fake-news-check/
ZDF: Schluss mit lustig! Wie erkennst du Fake News?, 25.09.2020
https://www.zdf.de/kinder/app-und-on/fakenews-106.html
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